Jan 122007
 

Jeder Mensch muß, so will es die Gesellschaft, einen Standardwitz, ein Standardlied und ein Standardgedicht beherrschen. Das ist unsofern sehr nützlich als daß man sich nie blamiert, wenn man in einer Gesellschaft danach gefragt wird.
Da ich gerade mein Standardgedicht bei Marc Weinreich in dessen Blog hämmerte, c&pe ich es gleich mal auch hier herein:

Unverhoffte Bekanntschaft (Eugen Roth)
Ein Mensch, und das geschieht nicht oft,
Bekommt Besuch ganz unverhofft,
Von einem jungen Frauenzimmer,
Das grad, aus was für Gründen immer,
Vielleicht aus ziemlich hintergründigen,
Bereit ist, diese Nacht zu sündigen.
Der Mensch müßt‘ nur die Arme breiten,
Schon würde sie in diese gleiten,
Jedoch der Mensch den Mut verliert,
Denn leider ist er unrasiert.
Ein Mann mit schlechtgeschabten Kinn,
Verfehlt der Stunde Glücksgewinn.
Und wird er schließlich doch noch zärtlich,
Wird er’s zu spät und auch zu bärtlich.
Infolge schwacher Reizentfaltung,
Gewinnt die Dame wieder Haltung,
Und läßt den Menschen, rauh von Stoppeln,
Vergeblich seine Müh‘ verdoppeln.
Des Menschen Kinn ist seitdem glatt,
Doch findet kein Besuch mehr statt.

Meinen Standardwitz gibt es später einmal.
Und nun sind die verehrten Blogleser gefordert.
Wie ist denn euer Standardgedicht, das ihr zu jeder Tages- und Nachtzeit parat habt?

 Posted by at 11:02 pm

  6 Responses to “das Standardgedicht”

  1. Meins ist ’ne Ballade:
    Die Bürgschaft (von Peter Frankenfeld, den späten und alkoholisierten Partygast miment, der unbedingt noch vor dem Rausschmiss was zum Besten geben muss)

    Die Mürg… die Bürgschaft, von Schriller, Schriedrich Filler.
    Ssu Düonüü, ssu Dyonyssoss dem Tyrannen strich
    Damon, den Molch im Gewande, im Gewande
    Ihn schlugen die Häscher im Wannsee
    „Was wissu mit dem Molche strich?“
    „Die Stadt von Taranteln befreien“
    „Das sollst Du mit Streuseln bestreuen…“

    (An dieser Stelle wird der Gast meist vom beherzt zugreifenden Gastgeber sanft aber bestimmt in Richtung Garderobe geschubst, wo er vermutlich noch den Taucher „Wer wagt es, Knittersmann oder Rapp?“ oder den König Erl „Wer reitet so spät durch Winnd und Nacht, es ist der Vater, es ist gleich acht“ vor sich hinbrabbelt)

    Ansonsten kann ich auch noch was von Ringelnatz, aber davon später vielleicht 😉

  2. Robert Frost – Fire and Ice

    Some say the world will end in fire
    Some say in ice
    From what I’ve tasted of desire
    I hold with those who favour fire
    But if it had to perish twice
    I think I know enough of hate
    To say that for destruction ice
    Is also great
    And would suffice

  3. Frühling läßt sein blaues Band
    Wieder flattern durch die Lüfte.
    Süße, wohlbekannte Düfte
    Streifen ahnungsvoll das Land.

    Veilchen träumen schon,
    Wollen balde kommen.
    Horch, von fern ein leiser Harfenton!
    Frühling, ja du bist’s!
    Dich hab ich vernommen!

  4. Um zu sehen, was man höre,
    Erfand Herr Braun die Braun’sche Röhre.
    Wir wär’n Herrn Braun noch mehr verbunden,
    Hätt‘ er was anderes erfunden.
    – Heinz Erhardt

    Achja, @Marc: Buuh, kannst Du keine deutschen Gedichte?

  5. Doch, doch:

    Es war einmal ein buntes Ding,
    Ein sogenannter Schmetterling.
    Der war wie alle Falter
    recht sorglos für sein Alter.
    Er nippte hier und nippte dort
    Und war er satt, so flog er fort.
    Flog zu den Hyazinthen
    Und guckte nicht nach hinten.
    Und so kam es, dass dieser Schmetterling
    Sehr verwundert war, als man ihn fing.
    – Heinz Erhardt

    Ich mag nur das von Robert Frost etwas mehr 😉

  6. Oh je,
    hätte ich geahnt, wie ernst ihr die Aktion nehmt, hätte ich Hesses „Stufen“ rezitiert…

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