In der Ostseezeitung erschien kürzlich ein Artikel über das Buch „Mein erstes Leben“ von Dr. Dietrich von Maltzahn. Da deren Onlinearchiv nix kann, setze ich den Artikel einfach mal hier herein und betone, daß alle Rechte daran bei der Ostseezeitung liegen.
Nun ist es so, daß mir über meine Familie das Schicksal der von Maltzahns persönlich bekannt ist und mir um so näher geht. Endlich konnte ich nachlesen, was damals wirklich geschah. Ich kann jedem Bundesbürger nur empfehlen, sich ein paar Stunden Zeit zu gönnen und dieses Buch zu lesen, denn danach relativiert sich vieles. Danach empfindet man die Tagespolitik als nicht mehr so grottig und lernt die Begriffe Rechtsstaat und Freiheit durchaus wieder zu schätzen.
Nach der Lektüre war es mir ein Bedürfnis, mich beim Autor zu bedanken. Hier der Brief:
Sehr geehrter Herr Dr. von Maltzahn, Nieder-Olm, im Februar/März 2010
es ist mir ein tiefes Bedürfnis, mich auf diesem Wege bei Ihnen für Ihr Buch „Mein erstes Leben“ zu bedanken. Sie zeigen in aufrüttelnder Weise das wahre Gesicht des Kommunismus. Gleichmacherei ist dem menschlichen Geist zutiefst zuwider und der bittere Ernst, mit dem die SED normale Menschen mit Freiheitsliebe unterdrückte, läßt einen auch mit heutigem Abstand noch schaudern. Außer Uwe Tellkamps „Turm“ ist mir kein geschriebenes Werk bekannt, welches die wahre Seite der DDR so schonungslos aufdeckt. Mir blieb Ihr Schicksal glücklicherweise erspart, denn dank meiner späten Geburt (1967) reduzierten sich meine Erfahrungen mit der Stasi, oder der S2000, wie es beim Militär hieß, lediglich auf zwei Verhöre; denn der zivil gekleidete Oberleutnant Schmid zog es, wie viele seiner Kollegen, vor, aus seinem Ungarn-Urlaub nicht wieder in die Kaserne zurückzukehren.
Nun endlich erfahre ich aus ihrer Feder, wie sich ihr Fluchtversuch wirklich zugetragen hat und welch bittere Konsequenzen er nach sich zog.
Während ihrer Inhaftierung haben meine Eltern oft an Sie, an ihre Frau und natürlich auch an ihre Kinder gedacht; geredet wurde über das Thema nur im Flüsterton und meistens blieb ich davon ausgeschlossen, damit ich mich nicht in der Schule verplappere.
Später war ihr Schicksal immer mahnendes Fanal, was passieren kann, wenn man aus der Spur läuft und wie gnadenlos der sozialistische Staat Andersdenkende verfolgt.
Vielleicht trug Ihre Geschichte auch unbewußt dazu bei, daß ich nun in der Nähe des Flughafens Frankfurt wohne und in der beruhigenden Gewißheit lebe, in wenigen Minuten mit einem werthaltigen Paß das Land in jede beliebige Richtung verlassen zu können. Daran denke ich fast täglich und erinnere mich auch oft daran, daß vor 20 Jahren alleine der Gedanke an so etwas gefährlich war und eine Umsetzung in die Realität exotischer erschien, als der Besuch des Mondes.
Verzeihen Sie mir die ungelenken Worte, sie drücken nur unvollständig meine Gedanken aus, nochmals vielen Dank für Ihr Buch, mögen es viele Menschen lesen und verinnerlichen. Wer nach der Lektüre nicht tief berührt ist, der ist kein Mensch und hat keine Ehre.
Hochachtungsvoll
Joachim Möglich