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Nov 292005
 

Gerade lese ich mit Kopfschütteln, daß das Landgericht Darmstadt die Fusion der Deutschen Telekom AG mit der T-Online AG ablehnte.
Dabei waren noch vor wenigen Jahren beide AGs Splitterprodukte der zahlreichen (und insgesamt auch quasi gescheiterten) Scheinprivatisierungen von Firmen, mit denen der Staat hoheitliche Aufgaben an kapitalorientierte Großkonzerne abgab.
Überlegen wir einmal.
Hoheitliche Aufgabe: öffentlicher Nah- und Fernverkehr
wurde zuverlässig wahrgenommen durch: Deutsche Bundesbahn
abgegeben an: Deutsche Bahn AG aka Die Bahn aka $Anglizismus (in Bälde)
Wahrgenommene Veränderungen: dünneres Streckennetz, Netzzerfall, prohibitive Preise, undurchschaubares Tarifsystem mit exotischen, nichtssagenden Namen, völliges Versagen im Gütertransport und dadurch Destruktion der BAB und endlose Lasterkolonnen, Überlastung auf attraktiven Strecken, Servicewüste, Investitionsstau, veraltende Technik, massenhafte Anschaffung von PKW, LKW und Kleintransportern, um sich selbst Konkurrenz zu machen, Substitution von Fachkräften durch fragwürdige Technik und massiver Personalabbau, seltsame Führungsstrategien mit ungerechtfertigten Gehältern usw. usf.
Hoheitliche Aufgabe: Telekommunikation und Versand von Informationen und Waren
wurde zuverlässig wahrgenommen durch: Deutsche Post
abgegeben an: Deutsche Post AG, DHL, Telekom, T-Online, T-Com, T-business und noch einen Rattenschwanz anderer Unternehmen
Wahrgenommene Veränderungen: hohe Transportgeschwindigkeit (meist innerhalb eines Tages), Zunahme von Transportschäden und Transportverlusten, hohe Preise bei Paketen und Briefen, ausgedünntes Netz von Postfilialen und Briefkästen, massiver Personalabbau, Straßenverstopfung und Verkehrsgefährdung durch zig Kastenwägelchen, die sinnbefreit durchs Land rasen und endlose gelbe Lasterkolonnen, sehr günstige Festnetzpreise, zu hohe Grundgebühren, lange Kundenknebelung, Tarifwirrwarr, Servicekatastrophe; unpersönliches, ungelerntes und inkompetentes Personal usw.
Hoheitliche Aufgabe: Energie- und Wasserversorgung
wurde zuverlässig wahrgenommen durch: staatliche Energiewerke
abgegeben an: diverse Stromkonzerne
Wahrgenommene Veränderungen: Tarifdschungel, bei dem nur klar ist, daß die Preise ständig steigen (beispielweise haben sich meine Stromkosten bei gleichem Verbrauch seit 1999 versiebenfacht), ständiges Hickhack in den Medien, Massenentlassungen, völliges Versagen bei Naturkatastrophen, wie der Flut in Dresden (die Talsperre war zu voll wegen Geldgeilheit) oder dem kürzlichen Wintereinbruch in Westfalen (veraltete, fehlkonstruierte und ungewartete Strommasten), immerhin hat RWE das Bernsteinzimmer saniert und dadurch die Russen positiv zur Ostseetrasse gestimmt (nebenbei bemerkt ist das der einzige Punkt, bei dem ich Ex-Kanzler Schröder meinen Respekt zolle).
Vom Gesundheitswesen will ich garnicht erst anfangen und bei den (noch?) hoheitlichen Aufgaben wie Bildung, Verteidigung und innere Sicherheit könnte man auch mehrere Seiten füllen.
Fazit: Die verlustreiche T-Online mit der Muttergesellschaft Telekom wieder zu vereinen wäre nur logisch und sinnvoll und ist nebenbei von den Anlegern mit über 99% der Stimmen auch so gewollt.
Hier schreitet nun ein Gericht ein und zertritt das zarte Hoffnungspflänzchen.
Wenn aber der Bund die Bundesdruckerei an eine amerikanische Firma verhökert oder sich zwei Medienmogule alle relevanten Medien unter den Nagel reißen oder…, dann interessiert das kein Schwein.
Wie gesagt: Herr, wirf Hirn vom Himmel!

 Posted by at 8:59 am