Neujahr 2005 saß sie plötzlich da. Auf einem großen Findling, der im Flachwasser der Steilküste der Lübecker Bucht, nahe des Ostseebades Boltenhagen liegt. Eine unirdische Schönheit, die, nicht nur ob ihrer, blanken, wohlgeformten Brüste, schnell die Aufmerksamkeit erregte. Ganz mit Bronze überzogen strotzt die Nixe nun seit über einem Jahr den unendlich anflutenden Wellen des Meeres.
Erste Lokalpressemeldungen über die Nixe erregten in der beschaulichen mecklenburgischen Winterzeit Aufmerksamkeit und Einheimische und im Umland Wohnende zogen in kleinen Scharen an die Boltenhagener Steilküste, das Fabelwesen zu bestaunen. Alle stellten sich die Frage, wer denn in einer sprichwörtlichen Nacht- und Nebelaktion die Statue aufgestellt habe, denn bislang blieb die Herkunft ein Rätsel.
Keiner konnte das Rätsel lösen. Die Bürgermeisterin des Ostseebades nicht, kein Anwohner, kein Spaziergänger.
Nicht zuletzt diesem Mythos ist es zu verdanken, daß nun das nackte Fischfräulein auch überregionales Interesse erweckte. Fernsehsendungen im NDR und bald darauf Zeitungsmeldungen über die mysteriöse Nixe (ein Boltenhagener Wirt hat ein Album mit über 160 Berichten aus aller Welt zusammengestellt) sorgten für einen nicht abreißenden Touristenstrom. Alle wollten das „Wunder von Boltenhagen“ bestaunen und fotografieren (bestimmt ist die Nixe mittlerweile genau so oft abgelichtet worden wie die Loreley (Ok, das war übertrieben)). Selbst ich war da!
Und nicht nur die Bürgermeisterin freute sich über diesen Zustrom, auch Händler und Wirte und Hotelier und Reiseführer und Busgesellschaften und Fotoläden und … erkannten ihre Chancen; bringen Touristen doch immer gutes Geld, das ist hinlänglich bekannt.
Bald wurde aus dem Nixenkult ein Nixenwahn. Allenthalben stand ein fliegender Händler, der Tassen mit Nixe, Schals mit Nixe und natürlich auch die mittlerweile unvermeidlichen Baseballkappen mit Nixe auf der Stirn und tausenderlei sonstigen Tand feilbot. Gaststätten kredenzten Nixenessen, Wirte schenkten Nixengetränke aus und selbst am Ortsschild von Boltenhagen grüßte ein Konterfei der Nixe (wurde entfernt, da gesetzlich verboten). Nicht verboten hingegen waren die Schilder, die dem Ortsunkundigen und Nixenanhänger den Weg wiesen. Selbst ein Blinder mit Krückstock hätte keine Chance gehabt, die neue, unverhoffte Attraktion zu verfehlen.
Wege wurden angelegt und Pfade befestigt, um Touristen (und Steilküste) zu schützen. Und immer noch gab es die wildesten Spekulationen über die Herkunft der Nixe.
So weit – so gut.
Dann nahm die Geschichte einen weniger märchenhaften Verlauf, denn das Mythos wurde profan entzaubert durch ein Schreiben eines Anwaltes. (war ja klar)
Diesem Schreiben war zu entnehmen, wer wann wieso weshalb die Statue plazierte. Es handelte sich um einen eher windigen Geschäftsmann (der schon öfter mit sagen wir mal unkonventionellen Aktionen den Unmut der Einheimischen erregte), dessen Cousin eine Fabrik hat, die solcherlei Bronzestatuen herstellt und für den auf diese Art und Weise Werbung gemacht wurde. Und im Anwaltsschreiben wurde Boltenhagen untersagt, mit der Nixe Werbung zu machen und allen Händlern verboten, Tassen, Schals, mittlerweile unvermeidliche Baseballkappen und tausenderlei anderen Kram mit Nixe zu verkaufen. Gegen ein entsprechendes Entgeld hingegen, könne man…
Mit anderen Worten: die Romantik, die Mystik war dahin und mußte den üblichen unsympathischen Geschäftemachern und Anwälten weichen.
Doch wie mag es nun weiter gehen?
Immerhin kann ja auch die Gemeinde den unberechtigten Aufsteller belangen. Oder im einfachsten Fall die Nixe entfernen, denn sie steht ungenehmigt da. Doch da sie im Wasser steht, wird momentan geprüft, ob nicht das Seeamt Lübeck zuständig ist. Die aufmerksame Leserin und der aufmerksame Leser sehen schon, jeder Hauch von Romantik und Abenteuer ist verflogen. Wo einst Kinder mit offenem Munde Fantasiegeschichten der Großeltern lauschten, werden nun Aktenberge bei Behörden gestapelt. Märchen – ex.
Ich finde, die Gemeinde Boltenhagen sollte beim Cousin eine ähnliche Statue bestellen und nach Lieferung unter Zeugen die originale Statue entfernen und die neue Statue installieren.
Die Entfernungskosten würde ich dem Aufsteller in Rechnung stellen und ihm sogar die alte Statue übergeben. Das Ganze auch bei Nacht und Nebel. Kein Mensch bekommt etwas mit und der clevere Geschäftsmann ist der Gefoppte.
Aber so etwas wird natürlich nicht passieren. Das HodBlog wird berichten, wenn es relevante Neuigkeiten zum Nixenfall zu vermelden hat.
Feb 142006
> Das HodBlog wird berichten, wenn es relevante Neuigkeiten
> zum Nixenfall zu vermelden hat.
Das HodBlog oder das BlogRuZ? *klugscheiss*