… unbegreiflichen Bedarf und Verschleiß an Schuhen. Wir Männer können da nicht konkurrieren. Was wir aber im Gegesatz zu den Damen deutlich mehr in Mitleidenschaft ziehen und daher öfter ersetzen müssen, das sind unsere Brieftaschen, Geldbeutel und Börsen. Denn eine Frau wird sie selten hinten rechts in der verschwitzten Jeans mit sich rumtragen und sie mit dem Hintern breitsitzen.
Nun hatte also meine Brieftasche langsam aber sicher zu erkennen gegeben, daß sie am Ende sei. Erst ging ein Reißverschluß kaputt, dann löste sich die Gaze ab, so daß ich schon mehrfach den dadurch herausrutschenden Personalausweis vom Boden aufklauben mußte und letztendlich rutschten die Münzen durch ein aufgeriebenes Loch in die Freiheit. Also wurde es gestern Zeit, sich eine neue Brieftasche zu kaufen. Die schlechte Nachricht: gute Brieftaschen sind schweineteuer. Die gute Nachricht: beim Umräumen entdeckte ich in meiner ollen Börse einen vergessenen 100-Euro-Schein. Den hatte ich dort an versteckter Stelle im Januar für meinen Berlinbesuch plaziert, falls ich überfallen werde oder mein Bares verzocke und dann ein Taxi… oder…, naja, um was man sich als Provinzler halt sorgt, wenn man in die Großstadt fährt.
Während ich im Geschäft noch meine neue Brieftasche aussuchte, fragte eine Dame die Verkäuferin, ob in den Rucksack eine Wasserflasche passe und ob eine Flasche zum Probieren vorhanden sei.
Ich war einigermaßen perplex. Der Rucksack war durchaus geeignet, mehr als eine Flasche zu beherbergen. Und die Dame hatte aus dem benachbarten Supermarkt ihren Einkaufswagen mitgebracht, in dem auf den ersten Blick ein Dutzend Mineralwasserflaschen ruhten. Doch die hatten wohl die flasche Größe, es ging um eine konkrete Sorte Wasserflasche.
Nach einigem Hin und Her einigten sich die beiden Frauen darauf, daß die Kundin den Einkaufswagen stehen lassen würde, um im Supermarkt DIE Musterflasche zu kaufen. Wie ich oben schon schrieb, hätte aber in den Rucksack jede handelsübliche Flasche bis 2 Liter Fassungsvermögen hineingepaßt.
Abgesehen davon finde ich es schon beinahe bedenklich, daß sich wohlsituierte und elegant gekleidete Damen mit kleinen Rucksäcken ausstatten, um dort Wasserflaschen spazierenzutragen.
Man kann an dieser Unsitte übrigens perfekt im Ausland deutsche Urlauber erkennen. Wenn man also in London, Rom oder einer sonstigen Stadt in der zivilisierten Welt, in der es alle fünf Meter Kioske, Automaten, Verkaufsstände, Buden, fliegende Händler, Supermärkte, Kneipen, Restaurants und Trinkwasserbrunnen befinden, eine erwachsene Person sieht, die einen lächerlichen Rucksack auf dem Rücken trägt, aus dessen Außennetz oder Reißverschluß eine überdimensionierte Mineralwasserflasche lugt, dann kann man dieser, meist weibliche, Person mit „Guten Tag“ einen passenden Gruß entbieten.
Seitdem man in irgendwelchen Frauenzeitungen lesen kann, daß der Körper nonstop und ständig Wasser haben muß, welches man im 10-Minutentakt in sich reinzusüffeln habe, befolgen Heerscharen von Deutschen diese unsinnigen Tips und laufen halt die ein, zwei Stunden, die man zum Spazierengehen in einer Stadt Zeit hat, mit einem hinderlichen Rucksack rum, nur um die blöde Wasserflasche dabeizuhaben. Daß man auch mal ein paar Minuten ohne Wassertrinken überleben kann oder im seltenen Bedarfsfall sich auch ohne Mühe vor Ort mit einem Durstlöscher versorgen kann; auf diese Idee kommen viele Menschen nicht mehr. Daß eine Reisegruppe sich aber nur noch sehr mühsam durch eine Touristenhochburg bewegen kann, weil ständig zig Personen pinkeln müssen, daß wird problemlos toleriert. Auch in meinen Vorlesungen fällt das auf. Erstens steht vor fast jeder Kommilitonin/jedem Kommilitonen eine Flasche mit Wasser. Und zweitens geht spätestens 20 Minuten nach Vorlesungsbeginn der Toilettentourismus los. Ich wundere mich mittlerweile, wie die üblichen Verdächtigen es schaffen, während der Klausuren, die ja auch mal drei Stunden dauern können, nicht gehen zu müssen.
Insgesamt gesehen ein großflächiger Sieg einer raffinierten Mineralwasserindustrie.
Apr. 112008
Nur um die Szene mal bildlich festzuhalten:
wenn du von einem (mutmaßlich bewaffneten) Bösewicht aufgefordert wirst Dein Geld rauszurücken, zückst Du die Brieftasche, gibst ihm die Scheine – bis auf den versteckten – und steckst dann die Brieftasche zurück?
Oder angenommen, ein Taschendieb zieht Dir in der U-Bahn den Geldbeutel raus, dann denkst Du, er behält ’n bißchen was und schiebt dann das Portemonnaie zurück in die Hosentasche?
Ach nee halt, in Berlin gab’s ja vor ein paar Jahren (so ca 19) Zwangsumtausch für Reisende aus’m Westen, du wolltest den Hunni vor den Grenzern verstecken, stimmts?
;-))
HodRuZ wollte vor den DDR-Grenzern einen 100EURO Schein verstecken?
Das halte ich für ein Gerücht.
Zum anderen Thema:
Ich trinke auch während der Vorlesung, und ich geh auch während der Vorlesung mal raus. Das ist doch das normalste der Welt 🙂
Natürlich, als der Professor noch den Rohrstock hatte ging es auch anders. Aber wozu sich zwingen, wenn es mir so jetzt besser geht?
Ich gehe auch während Klausuren grundsätzlich zur Toilette. Wo sonst kann ich in aller Ruhe nochmal den Spicker überfliegen?
Ich persönlich hasse die Leute, die mitten in einer Vorlesung oder in einem Seminar aufstehen und zum Lokus rennen. Das stört ungemein. So viel Selbstbeherrschung (und Höflichkeit, aber davon muß man ja heute eh nicht mehr reden) sollte man eigentlich haben, daß man das vorher oder nachher erledigt. Im Kino kriegt es auch jeder hin, und das, obwohl Filme meist sogar länger dauern als eine durchschnittliche Vorlesung…