Ja, eine kleine Odyssee erzähle ich nun. Klein, weil erst 2008 begann und nun vollendet. Oder auch nicht, wir werden sehen.
Fangen wir an. Es begab sich im Jahre 2008, daß ein Freund einen Medienrechner gebaut haben wollte. Ein weiterer Freund erhielt ein ansehnliches Sümmchen, kaufte dafür HiFi-PC-Gehäuse mit Fernbedienung, teure Gigabyte-Platine mit HD-Grafikkarte an Bord, kaufte 4 GB RAM, kaufte einen leistungsfähigen Athlon-X2-Prozessor, einen Bluray-Brenner (damals noch RICHTIG teuer). kaufte dazu eine Fernbedienung, eine flüsterleise 1-TB-Festplatte, eine DVB-S-Karte für das Satellitenfernsehen und ein Netzteil.
Dann kamen noch diverse Lüfter für Gehäuse und Prozessor dazu. Als Betriebssystem wurde Windows XP professional gewählt und als Hauptsoftware das Team Media Portal gewählt.
Dann wurde von ihm alles zusammengebaut und die Software installiert und getestet und ausgeliefert.
Tatsächlich konnte man mit dem Rechner nun ins Internet gehen, Bilder anschauen, vielleicht Videos ansehen und das war es eigentlich auch schon.
Was war passiert? Keine Ahnung, aber als ich das Gerät im Ende 2008 kennenlernte, konnte ich feststellen, daß
– Bluray an diversen Updates, Codec-Problemen und Treiberproblemen scheiterte, bekam das aber in den Griff.
– Satellitenfernsehen nicht gehen konnte, da die Schüssel, also genauer der/die/das LNB völlig veraltet war und
– die mitgelieferte Bluetooth-Maus gar nicht ging.
Die Bluetooth-Tastatur ging, wenn man 4 frische AAA-Batterien einfüllte. Mit viel Gebastel kam das Gerät Stück für Stück ans Laufen. Im, Frühjahr 2009 wurde die Satellitenanlage modernisiert und… die DVB-Karte erkannte sogar einige Programme, stürzte aber gerne ab.
Mitte 2009 saßen wir dann zu dritt an dem Problemrechner. Nach dutzenden Updates, Neustarts, Patches usw. ging dann irgendwie fast alles, aber nichts so, wie es sollte. Der Erbauer des Gerätes versprach Abhilfe.
Nur wurde daraus leider nichts, berufliche Verpflichtungen und eine schwere Krankheit verhinderten es.
Ich bemühte mich noch zwei oder drei mal im Jahr 2010, so ging dank Erwerbs eines Upgrades der Bluray-Abspielsoftware wenigstens das Schauen von hochauflösenden Videos. Doch Ende des Jahres wurde es immer schlimmer. Der Rechner fiel unter Last reproduzierbar aus, konnte immer noch kein Satellitenfernsehen anzeigen, geschweige denn aufnehmen und einiges mehr.
Was tun? Langsam wurde der Eigentümer sauer, hatte er doch viel Geld ausgegeben und kein brauchbares Produkt erhalten.
Doch diese Woche kam Bewegung in die Sache. Der Erbauer hatte mehrere Tage in der Gegend zu tun und übernachtete von Mittwoch bis heute bei mir.
Am letzten Sonntag, der mit dem Frühstück, trudelte das Sorgenkind in meiner Wohnung ein.
Seit Mittwoch bemühten wir uns sehr ausführlich darum.
Am ersten Abend stellte sich schon der schlimmste Fehler heraus. Durch ein BIOS-Update im letzten Jahr, wurden der Prozessor (wieder) hochgetaktet. Nun steht der Mediarechner mittlerweile auch regulär in einem schlecht belüfteten Schrank. Athlon-Prozessoren sind ja auch nicht gerade Energiesparer und Kühlköpfe. Alle diese Faktoren trugen dazu bei, daß die Maschine sehr schnell sehr heiß wurde. Dadurch waren im Kühlkörper schon die Heatpipes geplatzt und die Kühlflüssigkeit entwichen und die Wärmeleitpaste war auch nur noch lehmartig in Fetzen vorhanden.
Auch wurden durch die falschen bzw. zu mutigen Standardeinstellungen des BIOS der interne Grafikchip sehr heiß. Am schlimmsten war aber, daß durch das Motherboard bedingt, weder der große CPU-Lüfter noch der Netzteillüfter die Spannungswandler richtig kühlten. Diese waren schon nach wenigen Minuten bei 80 Grad, genauso wie die CPU, so daß das BIOS den Rechner einfach hart ausschaltete.
Bei Internetrecherchen fiel uns auf, daß das baugleiche Gigabyte-Board heute immer noch angeboten wird, interessanterweise aber auf den Spannungswandlern festinstallierte Kühlkörper hat.
Also besorgte ich am Donnerstag
– Klebekühlkörper
– einen moderneren Prozessorlüfter mit passender Architektur und
– noch zwei mittelgroße Gehäuselüfter.
Alles zusammen kostete rund 30 EUR, so einen Betrag kann man noch investieren.
Die Gehäuselüfter sollten für einen besseren Luftstrom sorgen. Auch hier entdeckten wir einen Designfehler. Das Gehäuse ist zwar schick, aber an der Front kann kein Luftstrom passieren, da alles mit irgendwelchen Zeugs verbaut ist. Lediglich die Schubladenöffnung für das optische Laufwerk läßt Luft passieren. Also kamen die Lüfter an die Oberseite.
CPU-Takt auf moderater Einstellung, der neue Lüfter mit frischer Kühlpaste und das neue Luftdesign schaffen es nun, daß die CPU statt bei rund 80 Grad bei 39 Grad Arbeitstemperatur verharrt. Die Kühlkörper auf den Spannungswandlern bewähren sich auch. Bereits im Vorfeld hatte ich eine neue, passive PCIe-Grafikarte besorgt, die sich nun um HD-Berechnungen besser, schneller und energiesparender kümmern kann, als ihre Onboardschwester das je könnte.
So weit, so gut. Jetzt ging es an die DVB-Karte. Die erkannte zwar prima das Satellitensignal, weigerte sich aber tapfer, Programme von Astra anzuzeigen. Lediglich einige Eutelsat-Programme mit arabischen und anderen exotischen Inhalten zeigte sie ab und zu, es war zum Verzweifeln. Der Gegencheck mit einem mitgebrachten Multimediarechner erbrachte, daß die Karte prima funktioniert. Also mußte ein Treiberproblem vorliegen. Trotz diverser Images bekam der Erbauer es nicht hin, die Satellitenkarte zur zuverlässigen Zusammenarbeit zu bewegen. Es war mittlerweile nach Mitternacht und Nachtruhe war angesagt.
Am Freitag nun der nächste Anlauf. Resignieren ist ja für Babies und Kommunisten usw.
Auf dem Rechner wurde Windows 7 professional installiert. Auf einmal klappten diverse Energiespargeschichten besser. Auch die SAT-Karte ging auf einmal. Na bitte! Wir bauten gleich noch eine zweite große Platte für Medien ein. Da das eine alte Platte von mir war, mußte ich die darauf liegenden Daten noch wegsichern. Also legte ich los. Und das dauerte und dauerte und dauerte und dauerte…
Naja, irgendwann rief wieder das Bett.
Am Samstag lief die Kopiererei weiter. Ich mußte manche Daten auf ein NAS umbewegen, manche auf die lokale Platte. Der Medienrechner wurde weiter feingetunt und ausgetestet.
Fernsehen in HD, Blurays abspielen, Filme, Radio, Telespiele, Serienverwaltung, Wetterbericht, Bildersammlungen… alles ein T
Eine ganze Weile ging es auch gut und dann…*rumms* Ein wunderschöner BSOD mit „IRQ less or not equal“.
Dieser ließ sich reproduzieren, in dem man die Maschine unter Last setzte, also doch irgend etwas mit Interrupts. Hallo APIC? Hallo, es ist 2011? Naja, egal, es gab auch reproduzierbar Abstürze, wenn man nur den Fernseher ausschaltete, weil dann… ja was eigentlich? Erst einmal in den Absturzpausen weiterkopieren, aber halt, es ist schon wieder spät.
Aber das mit dem Absturz beim Fernseherausschalten haben wir dann doch noch hinbekommen, aber wie, habe ich schon wieder vergessen.
Heute Morgen war ich immer noch nicht mit Kopieren fertig. Das konnte ja nun auch nicht sein. Eine Kontrolle ergab, daß meine Netzwerkkarte „nur“ mit 100 MBit werkelte. Ein Neustart brachte nichts, ein anderes Kabel ebensowenig. Glücklicherweise hatte ich noch eine Profigrafikkarte rumliegen. Diese wurde flugs eingebaut und … brachte auch 100 MBit.
Also wurde der Router neugestartet und schon lag 1 GBit an. Dieser „§&/%&/-Ökomodus der Fritzbox schaltet die LAN-Ports nach dem Aufwachen nicht wieder hoch, Danke AVM!
Also „Nie wieder Ökomodus am LAN-Port“ und schon rauschten die Daten mit 45 MB/sek durch die 8 Kupferdrähtchen. So war die Kopiererei auch schnell zu Ende.
Alles war nun fertig, alles bereit und alles funktionierte. Naja, fast alles, ein paar Kleinigkeiten hakelten immer noch. So vergißt das Frontdisplay des Gehäuses sehr gerne, daß es immer an sein soll, man muß ihm immer wieder explizit sagen, daß es angehen soll, was es dann aber brav macht. Und auf der Fernbedienung läßt sich ein Knopf nicht so belegen, wie wir das wünschten.
Aber das sind alles Kinkerlitzchen, der Rest funktioniert prima.
Schnell noch einen letzten Lasttest. Also HD-Fernsehaufnahme, Daten auf die Platten kopieren und dabei eine 11GB-große MKV-Datei schauen. Es klappt alles prima. Zumindest eine Viertelstunde, dann sehen wir wieder einen blauen Bildschirm 😐
Erneut wird alles nachgeschaut, erneut alles nach evt. Fehlern abgegrast. Die rettende Idee kommt durch Zufall. Da der Medienrechner ja quasi immer abschmierte, wurde er nie normal heruntergefahren.
Beim Ausschalttest (der Mediarechner schaltet sich nach 15 Minuten Nichtbenutzung in den Standby-Modus) konnten wir nämlich hören, daß die Platten „seltsam“ herunterfuhren. Und tatsächlich sagte der RAID-Controller auch beim Hochfahren „S.M.A.R.T. Error“ bei beiden Platten und blieb stehen.
Ich sagte ja am Anfang, daß es eine Odyssee ist.
Also wurde AHCI im BIOS deaktiviert und IDE eingeschaltet. Bei der Gelegenheit (oder war es schon vorher, ich verliere langsam die Übersicht?) wiesen wir auch allen relevanten Geräten einzelne, freie Interrupt zu.
Das war heute Mittag. Seitdem läuft die Maschine unter Last. Und sie läuft und läuft…
Haben wir es etwa geschafft? Nun, nach so vielen Stunden Arbeit und solchem Materialeinsatz wäre das ein schöner Lohn.
Fazit: Es lohnt sich nur für Nerds und Enthusiasten, so einen Mediarechner aufzubauen. Aber wenn er denn mal läuft und gut eingerichtet ist, dann ist es ein geniales Teil, welchem kein Gerät von der Stange das Wasser reichen kann. Alleine die Serienverwaltung ist ein Traum. Aber auch die Bilderdiaschau oder die Fernsehvorschau oder Tetris oder…
Feb 272011
Heyhey. Dieser nette Bericht mit den vielen seltsamen Wörtern hat mich mal wieder wunderbar darin bestätigt, daß mein nächster Hauptrechner maximal ein 486er sein wird :-).
Chris
@Chris: Und wo find’ste den? Im Museum für Völkerkunde?
IMHO fing der Driss mit dem „schicken“ Gehäuse und damit der mangelnden Belüftung an. Das tut nie gut. Aber bei so einem Bündel Ursachen hat man eben auch nicht den einen definierten Fehler, da braucht’s schon Durchhaltevermögen und „Bastlerstolz“ um sich bis zum Schluss durchzukämpfen.
Respekt.
@Bodo: das ist in der Tat eine gute Frage, denn aktuell sieht es wohl so aus, daß es deutlich leichter ist, z.B. an einen Atari oder Amiga zu kommen, als an einen guten und gepflegten 486er. Die Gründe dafür liegen natürlich in der widerlichen „Schmeiß weg/Rüst auf“-Mentalität im x86-Bereich.
Aber es wird sich einer finden. Solange der P166 noch treu läuft (die 20 Jahre sollten schon voll werden, gerne auch mehr) stellt sich die Frage eigentlich nicht. Alternativ habe ich ja noch den 386SX25 als neuen Hauptrechner, aber der mag bei komplexeren Aufgaben dezent überfordert sein. Dann müsste halt doch DX2/80-Power her :-). Wir werden sehen.
Chris