… ist es her, daß ich mir meinen ersten PC kaufte. Man kann rückblickend mit Fug und Recht sagen, daß das mein Leben stark beeinflußte, denn damals steckte ich meine gesamten Ersparnisse und irgendwie auch viele Hoffnungen in diesen Kauf. Daher sei mir an dieser Stelle ein Rückblick gestattet.
Am 01.07.1990 war die Währungsunion. Ich hatte aus Restbeständen meiner Armeezeit so ziemlich genau 3.000 Mark der DDR auf meinem Volksbankkonto, die auf einmal so ziemlich genau 3.000 DM waren, unglaublich! Nun endgültig auf der Verbraucherseite der Konsumgesellschaft angekommen, war mir als Allererstes klar, daß ohne einen Computer ein Hochschulstudium und eine Zukunft unvorstellbar sind. Ein Rechner mußte also schleunigst her. Für die jüngeren Leser: Rechner kaufte man damals ausschließlich bei VOBIS.
Da ich mit meinen Schulfreund Uwi einen Kurzurlaub bei meinen Großeltern geplant hatte und diese nicht weit weg von der schönen Hansestadt Lübeck wohnen und ich von einem vorherigem Besuch wußte, a) das es dort einen VOBIS gibt und und b) mir gemerkt hatte, wo sich dieser befindet, war ruck-zuck beschlossen, daß wir uns unseren ersten echten Computer dort holen. Gesagt, getan, am 04.07. fuhren wir mit meinem Trabanten nach Nordwestmecklenburg und bezogen bei meinen Großeltern Quartier. Dann wurde erst einmal an den Strand gegangen und anschließend die zahlreiche Verwandtschaft abgeklappert. Am 05.07. fuhren wir nach Lübeck. Schnell war der VOBIS gefunden, wir schnappten uns Prospekte, redeten mit einem „Fachverkäufer“ und besichtigten dann das Stadtzentrum. Zurück im Quartier wurden die beiden Fragen gelöst, 1. welchen Rechner wir uns leisten und 2. wie wir an unser Geld kommen. Wie das bei Uwi war, weiß ich nicht mehr, aber in meinem Fall holte mir meine Oma 3.000 DM in der örtlichen Sparkasse ab und ich überwies ihr den Betrag, als ich wieder zu Hause war.
Am Freitag, dem 06.07.1990, also vor glatt 20 Jahren, fuhren wir dann erneut nach Lübeck in den VOBIS und kauften uns ein Angebotsbündel, bestehend aus:
einen PC AT mit:
– 1 MB RAM, bestehend aus 16 Käfern, die auf die Hauptplatine gesteckt waren
– Prozessor 80286 mit 16 MHz (Landmark 21 MHz)
– 5,25′ Diskettenlaufwerk
– 5,25′ MFM-Festplatte, die dank RLL-Controller (volle Baulänge) statt nur 20 MB satte 30 MB speichern konnte
– 8bit-Grafikkarte von OAK mit 256 kB RAM (das bedeutete VGA in maximal 16 Farben)
– Multi-IO-Controller für COM1, COM2 und LPT1
– eine schwere VOBIS-Tastatur
einen 14′ VGA-Monitor, dessen Lochmaske nur 640×480 Bildpunkte zuließ und der fröhlich mit 60 Hz vor sich hinflimmerte und
einen 24-Nadeldrucker von Epson, nämlich dem LQ 400.
Als Betriebssystem war vorinstalliert das brandneue DR-DOS 5.0.
Dazu gab es noch eine Benutzeroberfläche namens Ergo.
Das alles kostete 2.999 DM. Ich erwarb noch eine klobige Genius-Maus, denn eine Maus war im Bundle nicht enthalten und war damit gründlich pleite, aber ich hatte dafür einen Computer.
Obwohl Uwi und ich am selben Tag im gleichen Geschäft das gleiche Angebot kauften, gab es Unterschiede. So war Uwis Bildschirm besser (er konnte nämlich, wie sich ein Jahr später herausstellte auch 800×600) und er hatte einen anderen Multi-IO-Controller.
Der eigentlich gewünschte 386SX-16 war damals mit 3.599 DM ohne Drucker weit außerhalb unserer Budgets.
Zurück bei Oma, wurde eine Maschine im kleinen Zimmer sofort aufgebaut und ausgiebig getestet. Wir hatten beide überhaupt keine Ahnung und wußten nicht einmal, wie herum man eine Diskette einlegt. Nach einiger Tüftelei hatten wir besagtes Ergo am Laufen, das war bunt, es gab ein Schiebespiel und einen Taschenrechner. Nach noch mehr Tüftelei schafften wir sogar, die Maus ans Laufen zu bringen. Dazu mußte nach dem Rechnerstart an der Kommandozeile nur das vorher von der Diskette kopierte Programm gmouse.com mit dem Parameter /COM:1 gestartet werden.
Recht schnell waren die Möglichkeiten vor Ort ausgetestet, mehr Disketten bzw. Programme hatten wir nicht, Internet war damals unbekannt, also verpackten wir die Rechner ins Auto und bräunten uns am Strand.
Der Rest ist Legion, zurück an der Uni, hatte in der Tat quasi jeder Kommilitone sein Geld in einen (Vobis-)rechner angelegt (außer Achim, der hatte beim Nepphändler fürs gleiche Geld sogar nur einen s/w-Bildschirm erhalten).
Gemeinsam lernten wir Stück für Stück die Geräte, die immerhin unser gesamtes Geld verschlungen hatten, kennen. Alles, was ich an Geld hatte, steckte nun in dieser Maschine, von daher mußte ich mich damit beschäftigen und sie kennenlernen. Ich las das DR-DOS-Handbuch und tippte die Beispiele ab, ohne nur zu ahnen, was ich da machte. Irgendwann lichteten sich die Nebel. Gemeinsam brachten wir uns Tricks und Kniffe bei. Irgendwoher erschienen Disketten, die Software enthielten. Mein erstes Spiel am PC war BlockOut, Larry I und Monkey Island lösten wir gemeinsam oder am Wochenende per Telefonkonferenz.
Die Rechner wurden hochgerüstet, bald steckte in meiner Maschine ein mathematischer Koprozessor 80287, damit ich endlich CAD anwenden konnte. Ein 100 DM teures 3,5′-Diskettenlaufwerk folgte. Nach einem Hauptplatinenwechsel konnte ich die Maschine um 1 MB RAM (EMS) ergänzen, damit hatte SuperCalc endlich genug Ressoursen. Und Windows 3.0 lief mit 2 MB sogar im Standardmodus! Und da die neue Platine auch einen AT-Bus-Controller hatte, konnte ich sogar eine flinke 40-MB-Festplatte nachrüsten. Und als Luxus nach der Ferienarbeit gönnte ich mir für 150 DM eine originale Soundblasterkarte 8Bit mit CMS-Chipsatz.
Viel, viel Zeit und viel Geld steckte ich in die EDV und alles nebenbei. Doch letztendlich verdanke ich all dem, daß ich heute da stehe, wo ich bin.
20 Jahre eigener PC – ein kleiner Grund zum Feiern.
Nachtrag zum mittlerweile über dreißigjährigen Jubiläum: ich habe doch tatsächlich die Rechnung gefunden!
*prost*
Ich glaube, ich folgte wenig später. Mal daheim in Papas Schrank nach der Rechnung kramen…:)
Heyhey, schöner Beitrag. Du hast es tatsächlich geschafft, über ältere Technik zu schreiben, ohne Titulierungen wie „lachhaft“ oder „zu Recht vergessen“ zu benutzen.
Wobei ich dich aber in jedem Fall zur Grafikkarte korrigieren möchte. Für mich bedeutet VGA 320×200 Pixel und in der Auflösung sollte die 256KB-Karte auf jeden Fall auch 256 Farben bringen (ansonsten dürfte sich die Karte IMO nicht VGA nennen. Rein 16 Farben ist EGA – und das aufgrund von Registerbeschränkungen auf der Karte). Oder hast du Monkey Island wirklich mit 16 Farben gespielt? Bei 640×480 ist die Farbtiefe dann aber tatsächlich nur 16 Farben. Es gibt aber diverse Tricks für Zwischenauflösungen mit mehr Farben auch bei 256 KB Grafikspeicher.
Als GUI wäre für den beschriebenen Rechner ein aktuelles GEOS zu empfehlen, da könnte man dann eventuell mit der OAK-Karte bei 640×480/16 Farben auch die Zeilenfrequenz auf 70 oder 75 Hz heben. Dann ließe es sich z.B. mit GeoWrite im grafischen Umfeld recht schön schreiben. Als Browser Arachne mit DOS-Dialer und schon geht der 286/16 ins Web. Und noch ein paar andere nette Spielereien, da würde sich was finden.
Du hast den Rechner nicht zufällig noch? Falls ja, schick ihn mir vorbei und ich mach dir was Ordentliches drauf ;-).
Chris
P.S. Ich weiß, wo mein erster PC (XT mit 9,54 Mhz, 512 KB RAM) ist. Er steht hinter mir im Schrank.
@Chris: Mein 286er wurde bis 2001 von meiner Mutter rege genutzt. Ich hatte seit 1993 immer an Fremdrechnern schmarotzt und mir erst 1999 einen zusammengeschraubt. Nach der Wohnungsauflösung kam der Rechner wie genau meine Eisenbahnplatte auf den Müll, denn im neuen Quartier war dafür kein Platz mehr.
Und VGA ist für mich 640x480x16. Dein VGA 320x200x256 heißt MCGA. Und die erste Monkey-Island-Version kam in EGA auf den Markt.
Und GEOS habe ich nie gemocht, ich nutze erst besagtes Ergo, dann den NC, der aber leider keine Verzeichnisse manipulieren konnte.
Da mag was dran sein. Wobei der Begriff MCGA meines Wissens nach seinen Ursprung in IBMs PS/2-Rechnern hat. VGA 320x200x256 wird in jedem Fall gerade im Spielebereich gerne auch mal als Standard-VGA bezeichnet, um es von 640x480x256 (oder mehr) als sogenanntem SVGA abzugrenzen.
Mit der genannten Konfiguration hättest du Monkey Island mit 256 Farben aber doch in jedem Fall mit 256 Farben spielen können. Ich wollte nur dem Eindruck entgegenwirken, daß die Karte aus Prinzip nicht mehr als 16 Farben darstellen konnte.
Chris
Natürlich, die OAK konnte auch 256 Farben, wie eindrucksvoll diverse Palettenspielereien in Fractalprogrammen oder VGACopy bewiesen.
Jetzt muß ich nochmal nachsetzen, sorry. Das ist ein wirklich interessantes Thema.
Ich habe mich nochmal schlau gemacht, weil ich zum Thema klassische Grafikkarten natürlich keinen Quark erzählen will. Ich habe schließlich einen Ruf zu verteidigen ;-).
Eine Auflösung von 320x200x256 Pixel wird sehr wohl auch als VGA bezeichnet, es handelt sich dabei in der Regel um den VGA-Modus 13h (direkter Zugriff, 1 Byte = 1 Pixel). Eine mögliche Alternative zum Mode 13h ist der berühmte Mode X, der mit dieser Karte auch z.B. 360 x 480 mit 256 Farben darstellen können sollte.
MCGA ist ein Begriff, der durch einen kosmischen Zufall im Grund das selbe meint, aber seinen Ursprung eigentlich als Grafikmodus von IBMs PS/2 Modell 30 hat. Es stand aber auf vielen Spielepackungen aus den frühen 90ern mit der generellen Bedeutung 320x200x256.
Das Ganze ist programmiertechnisch recht interessant, da lädt eben gerade eine Karte mit „nur“ 256 KB zum Experimentieren ein. Ich bin da mit meinen 2.048 KB Video-RAM leider schon wieder viel zu schnickschnackig ;-).
Chris
Ich hatte mir ein halbes Jahr früher (kurz nach Weihnachten -89) einen gebrauchten Schneider/Amstrad 1640DD (zwei Floppy Laufwerke) gebraucht gekauft. Der hatte eine echte EGA-Grafikkarte von Paradise (es gab ihn, glaube ich auch mit Hercules-Graka). Die konnte auch 16 Farben und lieferte 320×200 Pixel oder sogar 640 x 200, so genau weiß ich das nicht mehr – ich weiß nur noch, dass ich restlos begeistert war von dem Ding und Stunden über Stunden vor dem flimmernden Monitor zubrachte, über den sich heute alle Welt aufregen würde.
[…] … fand das statt, was ich vor 5 Jahren postete. […]