Mrz 302011
 

Nein, ich meine nicht die BLOED-Zeitung, ich meine ganz allgemein, daß es mit der Volksverblödung vorangeht.
Wie sonst kann man erklären, daß wir es uns als das (ehemalige) Volk der Dichter und Denker gefallen bzw. vorschreiben lassen, was allzu banal und selbstverständlich ist?
Das ganze schwappte aus dem Amiland rüber. Zuerst waren es Erdnußpackungen, auf denen stand, daß in ihnen Erdnüsse vorhanden sind. Da haben wir noch gelacht. Die nicht in der Mikrowelle zu trocknende Katze mag sogar eine UL sein.
Doch dann nahm die Verdummungs- und Verklavungsmaschinerie langsam Fahrt auf.
Zuerst nervte sie in den 1990er Jahren mit dem leidigen Hinweis auf „Arzt und Apotheker“, die man zu Risiken und Nebenwirkungen konsultieren mußte. Die gebetsmühlenartigen Wiederholungen dieses öden und überflüssigen Spruchs, den irgendwelche Gutmenschen oktroyierten, war einer der Gründe, warum ich heute kein Fernsehen mehr schaue.
Doch immer weiter ging es, neben mutmaßlichen Tätern, rechtsextremen NPDs und neuerdings Familienvätern verkam nicht nur die Sprache zu einem schwurbeligen Brei, sondern die Perfidität des Dummen feierte neue Erfolge. Nicht nur bei den Aufdrucken auf den Zigarettenschachteln, dort mag sogar etwas Moral und Hoffnung dahintergestanden haben. Doch spätestens mit „Bier bewußt genießen“, was man auf den heutigen Bierflaschen ebenso flächendeckend und nutzlos findet wie den Grünen Punkt, war es mit dieser Moral vorbei.
Und es geht noch zu toppen. So werden jetzt bei der Lottoreklame auch immer die 1 zu 140 Millionen Gewinnchancen genannt und davor gewarnt, daß Glücksspiel süchtig machen kann.
Ein normaler Mensch weiß das auch so und derjenige, an den diese Warnung gerichtet wird, ignoriert sie doch sowieso, es ist echt zum Wimmern.
Aber seit Kurzem gibt es einen neuen Angriff auf meine Nerven.
Ich kaufe seit Jahren immer das gleiche Brot beim Bäcker, ein kleines Roggenbrot. Das schmeckt mir, ist meist ausgebacken und ist entsprechend lange haltbar.
Vor ein paar Wochen ging es dann los. Ich wollte mir, wie immer, das Brot schneiden lassen, denn ich friere die Scheiben ein.
Da fragt doch die Verkäuferin im „Arzt-oder Apothekerton“: „Wenn ich das Brot schneide, ist es kein Bio mehr.“
Und tatsächlich, wenn man sich ein Biobrot (und ich wußte bis zu dem Zeitpunkt nicht einmal, daß es ein Biobrot war, da ich mir auch absolut egal ist) kauft und es schneiden läßt, _müssen_ die Verkäuferinnen darauf hinweisen, daß es durch das Schneiden in der Maschine, in der schrecklicherweise vorher Nichtbiobrot geschnitten worden sein könnte, zu Kontaminierungen mit Nichtbiobrot kommen könnte und damit das Biobrot seinen Status als Biobrot verliert und zum ordinären Brot mutiert. Freilich nicht, was den Preis angeht.
Um so einen Dreck kümmert man sich also, so wird man wieder ein Stück mehr verblödet und entmündigt.
Ich jedenfalls kaufe ab nun bewußt _kein_ Biobrot mehr, damit ich den doofen Spruch „Wenn ich’s schneide, ist’s kein Bio mehr.“ nicht mehr hören brauche.

 Posted by at 3:16 pm

  3 Responses to “Volksverblödung”

  1. Ein wenig Klugscheißerei am Morgen: Den Hinweis, dass in Erdnusspackungen Erdnüsse enthalten sein können, hab ich noch nie gesehen. Dass hingegen Nüsse enthalten sein können, diese Warnaufschrift kenne ich und ist keinesfalls offensichtlich oder gar unsinnig. 🙂

  2. Auf unseren Bierflaschen steht höchstens „Fränkisch lebensfroh genießen“ – und das schon seit vielen vielen Jahren. Das mit der Lotto-Gewinnchance fiel mir an diesem Wochenende zum ersten Mal auf, als ich (ebenfalls zum ersten Mal) einen richtigen Lotto-Laden* betrat … also da gab’s nur Lotto-relevante Dinge, keine Zeitschriften oder Zigaretten – nur Lotto.
    Übrigens 12 Euro (Rekord!) verplempert und gerade mal zwei Richtige.

    Ich würde weiterhin das dämliche Bio-Brot kaufen (schließlich schmeckt’s dir ja), nur um der Backwarenfachverkäuferin (die natürlich absolut gar nichts für diesen Unsinn kann und ebenso wenig daran ändern kann. Aber vielleicht trägt sie’s ja weiter nach oben zu „Ihnen“. Die Hoffnung stirbt zuletzt.) jedes Mal einen anderen, verständnislosen Anti-Spruch an den Kopf zu werfen.

    * bei uns wird sonst auch ein ordinärer Zeitschriftenladen „Lottoladen“ genannt.

  3. @Florian
    Ich habe die Verkäuferin gefragt, ob sie mich wiedererkennt und eindringlich darum gebeten, mir nicht das doofe Sprüchlein zu sagen. Mal sehen…

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