… Artikel aufmerksam.
Wer wirtschaftswissenschaftlich interessiert ist, der lese diese vier Seiten durch und staune und sei fassungslos.
Für Laien versuche ich das mal in aller Kürze zu erklären:
Früher war alles besser, da hatten wir einen Kaiser, da machten wir keine Schulden, hatten Anstand, Sitte, Moral, waren …Halt!!
Also noch einmal langsam und von vorne:
Vor noch nicht allzulanger Zeit galt das gute, alte Handelsgesetzbuch, kurz HGB. Dort standen kurze, dem Fachkundigen verständliche, Regeln, die bspw. für die Bilanzierung von Unternehmen und Kreditinstituten verbindlich waren.
Diese Regeln folgten immer dem kaufmännischen Vorsichtsprinzip. Das bedeutet, daß man sich immer ärmer rechnen konnte, als man eigentlich war. Ich möchte nicht ins Detail gehen und nenne nur Schlagworte wie strenges Niederstwertprinzip und Bildung stiller Reserven durch Grundstücksbewertung. Natürlich nutzten alle diese u. a. Möglichkeiten, um ihren (Bilanz-)Gewinn zu schmälern. Die stillen Reserven konnten in schlechten Zeiten problemlos aufgelöst (oder aktiviert) werden und so konnte man in Ruhe die Rezession aussitzen und auf die nächste Konjunktur warten.
Natürlich war dies dem Staat ein Dorn im Auge. Weniger Gewinn bedeutet nämlich auch weniger Steuern. Deshalb gab (und gibt es tw. noch) neben der HGB-Bilanz, in der alle Unternehmen sich bettelarm rechnen konnten recht bald eine Steuerbilanz (SteuBi), deren Richtlinien in der Mutter aller Steuergesetze, der Abgabenordnung (AO), und vielen weiterführendem Gesetzeswerken festgeschrieben sind. Dort gelten, wen überrascht es, in den Präzedenzfällen, in denen sich der Kaufmann arm rechnen kann, meist entgegengesetzte, zumindest aber verschärfte Vorschriften.
Die SteuBi versucht also, möglichst das tatsächliche Bilanzergebnis zu ermitteln. Klar, denn ein realer Gewinn ist immer höher als ein HGB-Gewinn und der arme Staat braucht Steuern.
Eine Steuerbilanz nennt man deswegen auch bilanzehrlich.
Exkurs: wenn die Ergebnisse der SteuBi die der HGB-Bilanz beeinflussen, redet man vom Maßgeblichkeitsprinzip und auch von der umgekehrten Maßgeblichkeit. Mit solchem Wissen kann man Steuerberater werden oder gar Steuerprüfer oder Wirtschaftsberater.
Konnten mir alle bis hierher folgen?
Gut, dann mache ich an dieser Stelle weiter…
Da unsere guten, alten, deutschen Gesetze antiquiert klingen und wir nach dem verlorenem Krieg ja das Allheil (mit ca. 10 Jahren Verspätung) bei den Amerikanern entdeckten, äfften wir den in den 1990er Jahren in den USofA aufgekommenen Shareholder Value nach.
Sehr stark vereinfacht besagt dieser, daß alle Gewinne eines Unternehmens den Investoren (Shareholdern) zugute kommen sollen.
Unternehmenszweck ist also nicht wie im alten deutschen Gesetz formuliert eine „dauerhafte, gewinnorientierte Unternehmung“, sondern im Vordergrund stehen die Interessen der Anteilseigner, die nicht mit kaufmännischer Weitsicht und mit kaufmännischem Sachverstand entscheiden.
Da die Anleger ein recht auf allumfassende Information (Transparenz) haben, muß das Unternehmen also anlegerfreundlich bilanzieren. Dazu bedient man sich im Rahmen der Globalisierung/Europäisierung nicht mehr des ollen HGBs, sondern benutzt das Regelwerk des IAS/IFRS, welches zu einem großen Teil dem (US-amerikanischen) GAAP abgeschaut ist.
Dort gibt es viele Vorschriften, die dem HGB völlig widersprechen (das macht die AO auch), die aber darüber hinaus auch die GBO verletzten, die Realität verschleiern, verzerren…, man nenne es, wie man es mag.
Die Fragwürdigkeit der IAS/IFRS, deren Inhalt zu lesen und zu verstehen ich vor ca. einem Jahr innerhalb des Hauptstudiums BWL ich die zweifelhafte Ehre hatte, wird im oben beschriebenen Artikel schon konterkariert durch…
Selbst der IASB-Vorsitzende David Tweedie distanziert sich von dem Standard: „Wenn Sie IAS 39 verstehen, haben Sie es nicht richtig gelesen“, sagte er dem Fachblatt „Financial Director“.
Im konkreten Beispiel kann also eine Pleitebank durch konsequente Bilanzpolitik (also buchstabengenaue Anwendung der Artikel des IAS/AFRS sich paradoxerweise reichrechnen, was dem Bauchgefühl (und der Realität) völlig widerspricht.
Fazit?
Jagt alle Analysten, Investmentbanker, Börsenyuppies und ähnliches Gesocks zum Teufel. Mißtraut großen Privatbankern und n-tv-Schwaflern. Man besinne sich auf echte Werte und lasse die angemessene kaufmännische Vorsicht gelten.
Ich könnte an dieser Stelle noch endlos weiterpalavern, möchte dieses aber lieber in kleinem Kreise und IRL tätigen als im Netz.