… eines Buches ist seine Visitenkarte, er entscheidet meist über Gedeih und Verderb, über Lust oder Unlust am Weiterlesen, er separiert Schreiberlinge von Schriftstellern, er ist kurz gesagt einfach wichtig.
Im Folgenden nenne ich einige mir besonders gefallende Anfänge von Büchern, die zu meinen Allzeitlieblingen zählen, der Leser darf gerne ohne googeln in die Kommentare raten, die Auflösung erfolgt demnächst an dieser Stelle.
Satz 1:
Gegen sieben Uhr an einem recht schwülen Sommerabend in den Sionibergen erwachte Vater Wolf, gähnte, reckte sich und streckte die Läufe, einen nach dem anderen, um das Schlafgefühl in den Pfoten loszuwerden.
Satz 2:
An jenem Tag stürzte rauschender Regen nieder, daran erinnere ich mich noch gut.
Satz 3:
Auf dem Boden der Schachtel stand ein Häuschen mit rotem Dach – mit seinen winzigen Schindeln war es einer Himbeere täuschend ähnlich, man bekam direkt Lust, daran zu lecken.
Satz 4:
Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, daß ein alleinstehender Mann, der ein beträchtliches Vermögen besitzt, einer Frau bedarf.
Und hier noch einmal im englischen Original, da kommt er deutlich besser.
It is a truth universally acknowledged, that a single man in possesion of a good fortune, must be in want of a wife.
Satz 5:
Tom!
Satz 6:
Die dreifingrigen Hände des Draconiers ballten sich zu Fäusten.
Satz 7:
My father had a face that could stop a clock.
Satz 8:
Dem Korneli Udalow erschien im Traum ein Unirdischer.
Satz 9:
Die Sonne,die über dem ägäischen Meer aufgeht und die Radio-Antennen auf den Dächern von Athen in Morgenrot taucht, – das ist die berühmte Sonne Homers, von der Schiller sagt: „Siehe, sie lächelt uns auch!“
Satz 10:
Aus hundert blühenden Apfelbäumen strich eine laue Welle Frühlingsduft über die morgenflimmernde Chaussee, und aus den Büschen zu beiden Seiten schmetterte Nachtigallenjauchzen.
Satz 11:
Als meine Mutter in dem kleinen Vorderzimmer des Holzhauses lag, in dem wir wohnten, und die Ankunft der Hebamme erwartete, die ihr bei der Entbindung helfen sollte, konnte sie die hohen Gumbäume im Winde schwanken sehen, einen grünen Hügel und die Wolkenschatten, die über die Lichtungen zogen.
Und weil 5. so einfach war, noch ein krönender Abschlußsatz:
Ich verdanke der Konjunktion eines Spiegels und einer Enzyklopädie die Entdeckung Uqbars.
1: Ist natürlich das wunderbare Dschungelbuch. Disneys kongenialer Film war mein allererster Kinofilm und ich liebe ihn bis heute – und als ich wieder einmal mit einer meiner zahlreichen Kinderkrankheiten das Bett hüten musste, schenkte mir meine Uroma in Unkenntnis der Sachlage das Original-Buch von Kipling. Zunächst war ich sehr enttäuscht, kein Bagheera, kein Balu etc… Aber dann hab ich’s doch gelesen. Und dann nochmal und später noch einmal. Ich war 9 und verstand zum ersten Mal den Unterschied zwischen Literatur und Kinderbuch.
Manche Dinge vergisst man einfach nicht.
Seelenverwandter 🙂
Fühlt sichdenn sonst keiner von den eifrigen Lesern aufgerufen?
Also spontan würde ich mal sagen bei Satz 5 kann sich’s nur um Tom Sawyer handeln. Ebenfalls eines meiner Top Ten Kinderbücher. Mark Twain ist sowieso immer lesenswert. Für sprachbegeisterte mal ein Tipp: http://www.bergerwerbung.at/files/Potpourri/The_Awful_German_Language_by_Mark_Twain.pdf
Einfach urkomisch, was der „Tourist“ Twain nach seiner Deutschlandreise so alles zu bemerken hatte – vorausgesetzt, der geneigte Leser ist von der Sorte, die auch mal über sich selbst lachen kann 😉
Ich sehe da Austen, Fforde, Borges und hoffentlich Brunner und nicht Weis/Hickman (wobei das mehr geraten als gewusst ist). Marburger Corpsliteratur darf natuerlich nicht fehlen.
3: Stanislav Lem
und
7: George Orwell
@Jens_ JFYI: ich war _kein_ Corpsstudent. Geht ja auch gar nicht, denn meine Eltern waren schliesslich keine Geschwister.
@Bodo and all: Auflösung kommt morgen oder so
Mein erster Gedanke: „Warum fehlt der Anhalter?“