Im IRC und IRL und in den Kommentaren gab es ja doch das eine oder andere Echo zu meinem Rätsel.
Hier nun die Auflösung…
Gegen sieben Uhr an einem recht schwülen Sommerabend in den Sionibergen erwachte Vater Wolf, gähnte, reckte sich und streckte die Läufe, einen nach dem anderen, um das Schlafgefühl in den Pfoten loszuwerden.
Das haben fast alle gewußt, es ist das Dschungelbuch von Rudyard Kipling, das Buch, welches mich als Kind am nachhaltigen beeinflußte. Auch nach vielen Jahren Nichtlesens kann ich selbst heute noch große Teile des Buches auswendig zitieren. Wer das Buch nicht kennt… Lesebefehl! Achja, mit dem Disneyfilm hat das Buch nur den Titel und ein paar Namen gemein, also nicht wundern.
An jenem Tag stürzte rauschender Regen nieder, daran erinnere ich mich noch gut.
Nun gut, das konnte keiner kennen, es ist der Eröffnungssatz aus der Trilogie „Menschen wie Götter“ von Sergej Snegow. Auch dieses Buch habe ich dutzende Male gelesen und ich wünschte mir, daß es endlich verfilmt würde, denn eventuell reicht mittlerweile die Technik, um die beeindruckenden und phantastischen Welten auf die Leinwand zu bringen.
Auf dem Boden der Schachtel stand ein Häuschen mit rotem Dach – mit seinen winzigen Schindeln war es einer Himbeere täuschend ähnlich, man bekam direkt Lust, daran zu lecken.
Das haben einige erfreulicherweise erkannt, es ist der Auftakt zu einem der genialen Abenteuer des Piloten Pirx von Stanislaw Lem.
Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, daß ein alleinstehender Mann, der ein beträchtliches Vermögen besitzt, einer Frau bedarf.
It is a truth universally acknowledged, that a single man in possesion of a good fortune, must be in want of a wife.
Hier nun einmal ein Vertreter echter Weltliteratur. Janes Austens Roman Stolz und Vorurteil bzw. Pride and Prejudice beginnen so.
Tom!
Tom heißt mit Nachnamen Sawyer und erblickte dank Mark Twain das Licht der literarischen Welt. Das wußte wohl jeder.
Die dreifingrigen Hände des Draconiers ballten sich zu Fäusten.
Enemy Mine (Geliebter Feind) hieß die geniale Kurzgeschichte von Barry B. Longyear, die recht stümperhaft, aber dennoch sehenswert von Wolfgang Petersen 1985 auf die Leinwand gebracht wurde. Der Band „Erbfeinde“ von Longyear ist übrigens eines der wenigen Science-Fiction-Bücher, die sich aus der tumben Masse deutlich abheben.
My father had a face that could stop a clock.
Freunde von Thursday Next und ihren seltsamen Abenteuern wissen sofort, daß Jasper Fforde im Spiel ist, hier mit seinem Roman „The Eyre Affair“.
Dem Korneli Udalow erschien im Traum ein Unirdischer.
Kir Buytschow eröffnet so eine seiner prägnanten Erzählungen vom Lande, sehr empfehlenswerte Literatur.
Die Sonne,die über dem ägäischen Meer aufgeht und die Radio-Antennen auf den Dächern von Athen in Morgenrot taucht, – das ist die berühmte Sonne Homers, von der Schiller sagt: „Siehe, sie lächelt uns auch!“
Mein Namensvetter Fernau beginnt so sein bestes Buch „Rosen für Apoll“
Aus hundert blühenden Apfelbäumen strich eine laue Welle Frühlingsduft über die morgenflimmernde Chaussee, und aus den Büschen zu beiden Seiten schmetterte Nachtigallenjauchzen.
„Hut ab!“ Tatsächlich erkannten einige Leser den längst vergessenen Walter Bloem und seinen Marburg-Roman „Der krasse Fuchs“.
Als meine Mutter in dem kleinen Vorderzimmer des Holzhauses lag, in dem wir wohnten, und die Ankunft der Hebamme erwartete, die ihr bei der Entbindung helfen sollte, konnte sie die hohen Gumbäume im Winde schwanken sehen, einen grünen Hügel und die Wolkenschatten, die über die Lichtungen zogen.
Alan Marshalls autobiographischer Roman „Ich bin dabei“ beginnt so; ein wunderschönes Jugendbuch, welches trefflich die Sehnsucht nach Australien weckt und sehr menschlich ist.
Ich verdanke der Konjunktion eines Spiegels und einer Enzyklopädie die Entdeckung Uqbars.
Klar, so seltsam kann nur Borges schreiben, er beginnt so seine Erzählung Tlön, Uqbar, Orbis Tertius“.
Vielen Dank allen Mitratenden, ich hoffe, es hat etwas Spaß bereitet.
Auf die Gefahr hin, daß ich mich mal wieder unbeliebt mache, doch eine kritische Anmerkung zum „Lesebefehl“ für das Dschungelbuch.
Kipling war ja nun bekanntermaßen ein großer Freund des britischen Kolonialismus in Indien und anderswo und dieser Geist zieht sich wohl durch viele seiner Werke. Ich bin jetzt nicht 100% mit dem Dschungelbuch vertraut, aber endet es nicht auch damit, daß Mowgli quasi seine zivilisatorische Erfüllung im Dienst bei den britischen Herren findet?
Eine Leseempfehlung mag durchaus angemessen sein, aber IMO nicht ohne kritische Gedanken. Man mag diese koloniale Denkweise nun als typisch für das (britische) 19. Jahrhundert betrachten, aber Kipling ist wohl besonders „berüchtigt“ dafür. Bitte um Korrektur, falls ich völlig falsch liege.
Chris
@Chris
Ich war keine 10 Jahre alt, als ich das las! Und ich beziehe mich auf das erste Dschungelbuch, das zweite Dschungelbuch endet so in der von dir beschriebenen Art und hat mich damals nur insofern enttäuscht, als danach Schluß war.
Im ersten Buch kommen sicher auch Menschen vor. Doch für mich blieben sie Randfiguren. Natürlich kann man aus heutiger Sicht dem arroganten Kolonialisten Kipling viel vorwerfen, aber meine Kindheitserinnerung lasse ich mir dadurch nicht im Nachhinein verderben.
Ohne Kipling wäre mir Indien jedenfalls heute deutlich ferner und noch unbegreiflicher als es eh schon ist.
Jedenfalls bleibt Kipling mein Eingangstor zum Subkontinent, weiteres dazu las ich später in den herrlichen Erzählungen des Rabindranath Tagore.
Kim ist auch lesenswert, vielleicht sogar noch besser als das Dschungelbuch, hier wird das Indien dieser Tage nicht nur als Lokalkolorit benutzt, sondern quasi als weitere Hauptfigur; und wer unbedingt ein „Gegengift“ braucht, der sollte George Orwells „Tage in Burma“ lesen – die Engländer waren immer auch schon ihre eigenen besten Kritiker.
Sergej Snegows komplexe Buch-Trilogie (in meiner Kenntnis ist der Eröffnungssatz: „Für mich begann diese Geschichte am zweiten Tag nach meiner Rückkehr zur Erde.“) wäre als Serie besser umsetzbar. Es wäre ein denkbarer Gegenentwurf zu „Star Trek TNG“. Die Macht, der der Ich-Erzähler im Finale, in der Gestalt des Oan mit seinem Picard-typisch vor Humanismus strotzendem schwülstigen Monolog gegenübertritt, ist durch das Gesagte mehr charakterisiert, als sie’s jemals beim Q-Kontinuum hinkriegten.
Als Ergänzung zu Kir Bulytschow sei gesagt, daß die „prägnanten Erzählungen vom Lande“ um Korneli Udalow als Guslar-Zyklus bekannt sind. Namensgeber ist der Wohnort der Hauptfigur (genauer: Puschkinstraße 16). 3 kurze Erzählungen erschienen in der DDR, in der Heftreihe „Das neue Abenteuer“, Bd. 428 ~ es sind dies „Besuch aus dem Kosmos“, „Von der Liebe zur stummen Kreatur“ (in der eines morgens ein Nilpferd im Hof des Hauses steht) und „Eine Dampflok für den Zaren“.
Nachtrag: Der genannte Satz „An jenem Tag …“ ist der Eröffnungssatz in Band 3 „Der Ring der Gegenzeit“.