Mittwoch, 26.07.2006 – Kirkwall – Orkney-Inseln
Schon 6:00 Uhr (eigentlich ist es ja 7:00 Uhr) tigere ich mit einigen Gleichgesinnten über das Sonnendeck und genehmige mir einen Kaffee. Das Wetter verspricht trotz starken Morgennebels prächtig zu werden, die See wie ein Spiegel, ich werde wohl nie rauhe See erleben.
Es ist dunstig auf See.
Viel Spaß beim Suchen des Feueralarmknopfes.
Toller Hinweis auf dem Lift und bedauernswerter Maschinenraum.
Gegen 10:00 Uhr erreichen wir nach 717 Seemeilen (1327 Kilometern) unser erstes Ziel, das nordöstliche Ende von Großbritannien, die Orkney-Inseln mit der Hauptinsel Mainland, und begeben uns in deren Zentrumsstadt Kirkwall auf Erkundungstour. Viele Passagiere hatten eine Inselrundfahrt gebucht, ich gehöre zur Minderheit derer, die sich eine echte schottische Whiskydestillerie anschauen wollen. Gesagt – getan. Bus 12, Einstieg englisch links, bringt uns rasch in die Highland Park Distillery. Die nördlichste Destille Schottlands wurde 1798 gegründet. Wir werden gleich zu Beginn mit einem Glas wohlschmeckenden Single Malt begrüßt. Während ich diese Zeilen schreibe, genehmige ich mir ein Gläschen dieses edlen Tropfens. Der anschließend gezeigte Film ist witzig gemacht und kurzweilig-informativ. Danach werden wir in 12er-Grüppchen geteilt. Meine Gruppe wird von Anna, die einen herrlichen Norddialekt spricht, durch die einzelnen Stationen der Whiskyherstellung geleitet, Vieles ist seit 100 Jahren unverändert und bürgt so für gleichbleibende Qualität. Wir schnüffeln an Torf, bewundern die Hallen, in denen das Getreide per Hand gewendet wird und starren ehrfürchtig in die gut geschützte Lagerhalle, in denen teilweise seit 1968 in endlosen Reihen die edle Flüssigkeit in Holzfässern reift. Wir werden auf ein Jubiläumsfaß aufmerksam gemacht, welches Prinz William 2005 höchstselbst befüllte. Lustig ist auch ein kleines 20-Literfaß am Anfang des Sichtbereiches. Dieses gewann im Jahre 2000 der 250.000ste Besucher dieser Anlage. 2012 darf er es dann endlich genießen.
Aus dem Dunst schält sich die Hauptinsel mit Kirkwall.
Wir sortieren uns in die Busse.
Der Eingang der Highland Park Destillerie.
Der Traum jedes Alkoholikers – Single Malt Whisky in Fässern, soweit das Auge reicht.
Nach dem Besuch der Whisky-Destillerie fährt uns der Bus quer durchs Land zu einer, wer hätte das erwartet, zu einer italienischen Kapelle. Kriegsgefangene aus Italien errichteten zwischen 1941 bis 1943 dieses Kleinod. Zum Schluß besuchen wir noch die St. Magnus Cathedral, einen trutzigen und eindrucksvollen Kirchbau aus rotem Gestein, welcher die Baustile mehrerer Jahrhunderte harmonisch in sich aufnimmt und seine skandinavischen Väter nicht verleugnen kann. Stolz zeigt uns die einheimische Führerin einen Eisenring, an dem Oliver Cromwell sein Pferd festmachte. Beeindruckender sind natürlich die prachtvollen Fenster und die Särge der Erbauer. Auf dem Kirchfriedhof kann man auf beinahe jedem Grabstein den Namen Copland finden.
Eine der zahlreichen Sperren im Meer, die im zweiten Weltkrieg das Durchkommen deutscher U-Boote verhindern sollten.
Eine italienische Kappelle. Nicht vom Eingang täuschen lassen, dahinter ist ein gewöhnlicher Bunker.
Seltsame Steinkreise auf Kirkwall.
Die gewaltige St. Magnus Kirche.
Da ist er! Der Ring, an dem damals Oliver Cromwell sein Pferd festmachte.
Der Beweis: auf allen Steinen steht Copland.
Auf der Rückfahrt zum Schiff wird uns nicht nur der erst vor einem Monat eröffnete Lidl-Markt gezeigt, sondern der Busfahrer berichtet auch noch, daß am heutigem Tage mit 28 Grad Celsius der heißeste Tag des Jahres auf den Inseln herrscht. Wir Deutschen, eben der 10 Grad heißeren Gluthitze der Heimat entkommen, können da nur müde lächeln.
Mutti hatte leider nicht so viel Glück mit ihrer gebuchten Inselrundfahrt, denn dort war alles viel zu oberflächlich und viel zu gedrängt. Das lag zum einem am straffen Zeitplan der Reisegesellschaft und zum anderen an der Vielzahl der Teilnehmer. Darüberhinaus hatte sie auch Pech mit der (sehr dicken und sehr schwitzenden und schlecht deutschsprechenden) Reiseleiterin; bei Busfahrten ein nicht zu unterschätzender Faktor.
Dennoch bekam sie einen ersten Eindruck vom Geruch der Insel, sah Schafe, die in Koppeln direkt am Meer, dort wo die Wasser des Atlantik und der Nordsee sich mischen, gehalten werden, damit ihr Fleisch schon „naturgesalzen“ ist (deren Fleisch erzielt in Paris zu Weihnachten locker preise von 800 EUR/Kilogramm), sammelte Steine und Muscheln an altnordischen Versammlungsplätzen (Steinkreise), bewunderte zahllose brütende Vögel auf der Vogelinsel und sah seltsame Pflanzen, die sie bis heute nicht zuordnen konnte. Die „gesalzenen“ Orkneyschafe sind übrigens der Exportschlager der Insel. So wundert es nicht, daß hier auf einen Einwohner 20 Nutztiere fallen. Die Hirschfamilie, die ich auf meiner Fahrt sah, war allerdings nicht heimisch, sondern nur zur Bereicherung der Speisekarte eingeführt worden.
Auf dem Schiff essen wir recht spät Mittag und verbringen bei herrlichem Wetter auf dem Sonnendeck den Nachmittag.
Das Abendbrot nehmen wir diesmal im Avalon-Restaurant ein. Dort lernen wir einen Programmpunkt kennen, den wir uns von nun an kaum entgehen lassen. Zum Ende des Mahles singen fast alle Bediensteten ein nettes kleines Lied mit Tambourin und Gitarre und Händeklatschen begleitet und von den Gästen tatkräftig unterstützt. Als Zugabe, die es immer gibt, singt ein kleiner, älterer Asiate mit einer beachtenswerten Stimme ein weiteres Lied (Beatles?). Wir sind nicht nur angetan sondern regelrecht begeistert. Nach einem Cocktail aus der Moonlight-Bar gehe ich zu Bett und schlafe, wie schon die erste Nacht wie ein Baby. Das mag auch am mittlerweile recht starken Seegang liegen, der das Bett wie eine Wiege hin- und herschaukelt.
Mai 162008
Daß dieser Eintrag unter Whisky-Einfluß entstanden ist, glaube ich dir sofort. Denn wie sonst wäre es vorstellbar, daß du „Mainland“ und „Kirkwall“ in der Bildunterschrift zu „Kirkland“ vernuschelst…? 😉
D’Oh! Korrigiert. War sicher nicht dem Whisky geschuldet.