Ich war am Wochenende zu einem 65sten Geburtstag geladen. Die Feier begann am Morgen mit einem feisten Sektfrühstück. Danach fuhr uns ein nagelneuer Reisebus ins sommerlich warme Dresden. Dort gab es Mittag auf dem Weißen Hirsch, den wir per Standseilbahn erreichten. Sogar einheimische Prominenz war anwesend. Die Stadtrundfahrt führte uns durchs den schönsten Milchladen der Welt, die mondänste Autofabrik der Welt, das Stadtzentrum und wunderbare Parklandschaften. Gekrönt wurde der Tag durch einen Aufstieg in die Kuppel der Frauenkirche. Zum Abschluß gab es Wein und Käse am Elbufer.
Ein rundum gelungener Tag, für den ich mich beim Geburtstagskind und den Organisatoren noch einmal recht herzlich bedanken möchte.
Es gibt einen Käfer in Slowenien, dessen wissenschaftlicher Name anophthalmus hitleri lautet.
Auf Grund des Namens ist er mittlerweile als Art gefährdet.
Wer kennt das nicht. Jahrelang, ja jahrzehntelang denkt man nicht an bestimmte Sachen, Lieder, Filme usw. und plötzlich…plötzlich ist eine Erinnerung da.
So erging es mir heute mit einem Lied, welches ich auf einmal vor meinem geistigen Auge (besser: Gehör) hatte.
Ich habe das Lied das letzte Mal als Teenager gehört, damals lief es sporadisch auf Bayern 3 und die ganze Familie amüsierte sich immer köstlich, wenn es kam.
Dank moderner Suchmaschinen war der Titel auch schnell gefunden. Es ist das Lied „The auctioneer“, welches 1962 im Original von Leroy Van Dyke gesungen wurde.
Mir war es bekannt in einer späteren Version, in der es von Red Sovine gesungen wird. Aber auch Joan Baez, Hank Snow, Gordon Lightfoot und einige andere mehr haben sich an diesem Titel versucht.
Am interessantesten ist der Refrain, in dem mit großer Fertigkeit der Auktionär dargestellt wird. Das ist hohe Kunst und nur mit viel Übung zu schaffen.
Wer nicht weiß, was ich meine, der schaue sich das folgende Textfragment an und lausche den Herren Steve Goodman und Leroy van Dyke beim Singen desselben.
45 dollar 50 now 50 dollar 50 dollar
50 dollar 50 dollar give me a hollar 50 dollar
Who will bid it at a 50 dollar bill?
50 dollar 55 55 make it 55 and a 55 make it 55 and
Sold that horse for a 50 dollar bill.
Ist das jetzt ein verspäteter Aprilscherz? Wie man nachlesen kann, glaubt jeder zehnte angehende Lehrer nicht an die darwinsche Evolutionslehre.
Abgesehen davon, daß bei solchen Umfragen schon mal Unsinn angekreuzt wird, ist das doch ein unglaubliches Ergebnis.
Meiner Meinung nach zeigt es musterhaft, wie das deutsche Bildungssystem in den letzten Jahren vor die Hunde ging.
Ein Trauerspiel.
Laut einer knallharten Umfrage, „verdienen Frauen beim Berufsstart weniger“.
Na sowas! Das haut mich jetzt aber voll vom Hocker! Mal sehen, was die nächste Umfrage ergibt, die analysieren soll, ob mehr Libyer oder Deutsche Bier trinken…
In Sachsen-Anhalt gingen gestern nur 35,5 % der Wähler ihrer demokratischen Verpflichtung nach.
Also haben sich zwei Drittel der Wahlberechtigten nicht für die Kommunalpolitik in ihrem Bundesland interessiert.
Nun jammern alle Politiker rum und fragen sich scheinheilig bestürzt, betroffen, besorgt, woran das wohl liegen könnte.
Dabei reicht ein Blick in beliebige, alltäglichen Schlagzeilen aus, um die passende Antwort zu finden.
Die Politik ist selbstherrlich und bürgerferner denn je, sie gibt sich volksfeindlich und kümmert sich um jeden Dreck, außer um die Belange der Bürger.
So einfach ist das.
Wie kann man dem Dilemma entfliehen? Patentrezepte gibt es da sicher nicht.
Aber wie wäre es, wenn sich die Politik einfach mal wieder um ihre Bürger kümmert und nicht um 1000 andere Nebensachen? Oder Gesetze für Bürger und nicht gegen Bürger beschließen?
Update:
Jetzt, 14:49 Uhr findet man die Meldung schon nicht mehr auf Spiegel Online.
Aus Verdrossenheit? Aus Scham? Oder einfach nur, weil es kein Schwein interessiert.
…werden wir derzeit überschüttet. Ein toter Deutscher, der sich für das Abendland einsetzte und dem man deswegen die Kehle durchschnitt, 32 von einem irren Austauschstudenten Erschossene und über 200 durch Bomben Getötete im Irak. Und das binnen weniger Stunden. (Von den tausenden Toten im Krieg Somalia-Äthiopien rede ich da gar nicht erst.)
Solche Konstellationen sind selten.
Sie bringen die Nachrichtensender nicht nur in Schwulitäten, was sie wie gewichten sollen, sondern sie zeigen ganz einfach auch Probleme der modernen Nachrichten“kultur“ auf.
Beim ermordeten Deutschen ziert man sich etwas, schließlich ist es nur einer und außerdem will man sich ja nicht gleich wieder in eine Reihe mit Hitler stellen.
Bei den Blacksburg-Opfern berichtet man mit penetranter Minutiosität über alles, aber auch alles, was man nicht wissen will. Daran merkt man, wie krank und erfolgsabhängig die us-amerikanische Medienlandschaft ist und wie treudoof jede Einzelheit auch hierzulande genüßlich breitgewalzt wird. Interviews mit Bekannten, Freunden, Nachbarn, Fotos aller Opfer inkl. kurzer Lebensläufe und erschütternde Berichte quellen aus jeder Medienritze.
Und über die Anschläge in der irakischen Hauptstadt berichtet diese Medien natürlich auch täglich, nüchtern, sachlich, akkurat. Doch war dort in den letzten Tagen die echte Hölle los. Eine wichtige Brücke flog in die Luft, Teile des Parlaments stehen nicht mehr und man kann die Opfer der (Selbstmord-)attentäter gar nicht zählen.
Wo liegen nun die Probleme?
Ich empfinde diese Reizüberflutung als Belastung. Die Gefahr der Gewöhnung und Abstumpfung ist durchaus gegeben. Außerdem gewichtet man unwillkürlich und brüskiert damit sich und andere und legt Feuer an bereits Schwelendes.
Nicht, daß ich ein riesiger Fan vom Irak bin, aber immerhin rennen dort seit Kriegsende abendländische Soldaten rum, angeblich, um die Sicherheit zu gewährleisten, also hat er mich, zumindest peripher zu interessieren.
Doch ich käme mir als Muselmane auch als Mensch zweiter Klasse vor, wenn man stundenlang über den Amokläufer im Amiland palavert und die 200 Landsleute von mir mit wenigen Worten abtut, die mittlerweile nur noch abgedroschene Phrasen sind (schlimmster Anschlag seit langem…, erwägt den Einsatz von Friedenstruppen…, …Selbstmordattentat, …zündeten einen Sprengsatz…, …sprengten sich in die Luft…)
Insgesamt törnen alle Meldungen durch immer gleiche Wortwahl und zu häufige Wiederholung ab. Darin sehe ich eine Gefahr, denn dieses führt zur Resignation und Gleichgültigkeit.
Gibt es einen Ausweg aus dem Dilemma? Differenzierendere Nachrichten? Filtern? Gar Zensur?
Die Antwort kann ich nicht geben. Aber prinzipiell ist weniger mehr. Denn irgendwann kann das arme Gehirn den Außenreizen nicht mehr nachkommen und stumpft ab. Und dieses Abstumpfen (von mir aus auch Ausblenden) geschieht meiner Empfindung nach immer schneller und immer rigoroser. Und somit haben wir ruckzuck aus dem stupiden, uninformierten Mittelaltermenschen über den Umweg des heutigen Bildungsbürgers einen über- (sprich: uninformierten) und stupiden Mittelaltermenschen gemacht, halt nur eine Ebene höher und damit schwieriger zu erkennen.
Solche Entwicklungen hat Stanislaw Lem übrigens schon in den 1950er Jahren beschrieben. Allerdings hat er wohl nicht geahnt, daß noch zu seinen Lebzeiten alles in diese Richtung deutet.
Grausame Morde in deutschem Koran-Verlag – auch Türke getötet
Brutaler Mord an drei Mitarbeitern eines Koran-Verlags im Osten der Bundesrepublik: Die Täter schnitten ihren Opfern die Kehlen durch – unter den Toten ist auch ein Türke. mehr…
…bis der von der Pressemeute gejagte Herr Günther Oettinger einknickte. Mal sehen, wann er zurücktritt. Einer seiner Landsmänner durfte sich wenigstens noch die Kapsel geben, um seine Familie vor der Schande zu bewahren, mal sehen, ob Oettinger das auch darf.
Halten wir einfach fest: auch im Jahre 2007 gibt es auch nicht den Hauch von Normalität, wenn es um die Vergangenheitsbewältigung der Nazizeit geht.
Dabei dachte ich persönlich ja, daß beim Filbinger bereits 1978 alles gesagt war. Immerhin hat Herr Filbinger 12 Jahre das Land Baden-Württemberg als Ministerpräsident geführt und war in der Zeit auch ein Jahr Bundesratsvorsitzender. Die Aufarbeitung seiner Rolle zu Kriegsende im Nazideutschland schien auch spätestens 1980 abgeschlossen. Aber über ein Vierteljahrhundert bricht man wieder den Streit los, weil eben nicht an seinem Totenbett das altbekannte und ewiggleiche Lied der Bösheit und des Verbrechens gesungen wurde, sondern die erfolgreiche, jahrzehntelange Arbeit gewürdigt wurde.
Wenn man einmal in Lexika nachliest, was Filbinger nun tatsächlich Schlimmes getan hat, dann kann man sich nur wundern, daß andererseits nach viel weniger Jahren jemand begnadigt wird, der viel Schlimmeres tat und bis heute ohne Reue ist.
Aber das kann man wohl nicht vergleichen.
Unappetitlich ist jedenfalls die stets zuverlässig funktionierende Hetze, die vorher auch schon andere Leute bitter zu spüren bekamen.
Zum 80. Geburtstag Seiner Heiligkeit präsentiere ich ein Hörkleinod, das ich von www.radiopannen.de gemopst habe.