Mrz 262006
 

Wahlzettel
Endlich sind die Wahlen in vollem Gange. Ich habe bewußt nichts im Vorfeld darüber geschrieben, obwohl es eine Menge zu erzählen gab.
Irgendwie kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Wahlen immer liebloser und oberflächlicher werden.
Es stehen Wahlen an und ca. die selbe Zeitspanne vorher, die Weihnachtsmänner und Osterhasen die Supermarktgänge vor dem jeweiligen Festtermin verstopfen, werden alle Laternenpfähle und Straßenbäume zu fast 100% mit Plaketen zugehängt.
Dann verstopfen in immer kürzer werdenen Zyklen sogenannte Flyer der jeweiligen Parteien den Briefkasten.
Parteimitglieder rennen mit hektisch-geröteten Gesichtern und irrlichternden Blicken durch ihre Wahlgemeinden und Autos mit Parteiaufklebern sausen durch Städte und Gemeinden.
Nach der Wahl versinkt dann alles wieder aufatmend im Sessel, die Plakate verschwinden zeitnah und man wartet folgsam auf die nächste Wahl.
Die größten Frustverbreiter sind für mich aber diese Umfragefirmen und ihre Nachrichtenlobby. Mehrfach täglich wird man seit Wochen mit Prognosen, Trends, Verteilungen, Meinungen der Bürgerinnen und Bürger, wichtigen Wahlthemen, durchschnittlichen Penislängen der unter 27-jährigen Wähler und was weiss ich noch für Kopfgeburten angeödet.
Man kommt dadurch gar nicht mehr dazu, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Auch die Plakatgestaltung wird immer liebloser. Man bildet den Kopf einer Politikerin bzw. eines Politikers ab und schreibt einen mehr oder weniger markigen Spruch dazu. Dieses Jahr ließen sich die Parteienfolgendes einfallen:
Die Parteien sind alphabetisch sortiert und spiegeln in keinster Weise meine Prioritäten wieder.
* CDU
Die Union macht Reklame mit ihrem aalglatten Berufspolitiker, dem seit 12 Jahren erfolglos gegen SPD-Spitzenmann Beck antretenden, Dr. Christoph Böhr, der freundlich in der glückseligen Menge stehend abgebildet wird. Der potentielle Wähler wird mit dem Versprechen gelockt, 800 Lehrer und 600 Polizisten (Zahlen ohne Gewähr) zusätzlich im Land einzustellen. Ferner lächeln die verschiedenen Kommunalpolitiker in sehr schmeichelnden Photoshop-Bildern von den Laternenmasten.
* FDP
Unaufdringlich und bescheiden stehen ein paar liberale Plakate zwischen den Schilderwäldern der SPD und CDU. Meist lächelt einen ein Politiker nett an. Oder in dezenten Farben wird auf das Vorhandensein der Liberalen hingewiesen.
* graue Panther
Von den Jungs sah man nur wenige winzige Plakate, deren Aussage ich im Vorbeifahren nicht behielt.
* Grüne
„Jetzt aber Tabea“ wirbt das Gesicht einer hübschen, jungen Dame, die offensichtlich Tabea heißt. „Jetzt aber Ihse“ antiwirbt das ungesunde Gesicht einer offenkundigen Veganerin für die Partei, bei denen der eigentliche Name Bündnis90/Die Grünen so komplett weggefallen ist wie ihre Vorzeigeleute Fischer und Trittin.
So schürt man nur noch Angst vor der SPD/CDU-Genmafia auf den Plakaten.
* NPD
Die lustigsten und am höchsten hängendsten Wahlplakate leisten sich die nationalen Prole^wDemokraten. Auf einem Plakat ist ein hemdsärmeliger Dynamiker abgebildet, „der sich was traut“. Nun heißt dieser arme Mensch ausgerechnet (Peter) Marx. Daß ein weiterer Spitzenmensch einen undeutschen ex-jugoslawischen Vor- und Nachnamen hat, rundet den Spaß noch ab. Logischerweise ist auch das Wahlkampfauto ein ausländisches Fabrikat. Bekanntlich ließen (lassen?) die „Nationalen“ ihre Zeitung auch in Polen drucken.
„Null Toleranz“ heißt es weiterer Spruch. „Null Toleranz“ gegenüber wem und was; darüber erfährt man nicht.
Mein absoluter Liebling ist jedoch das auf die Ängste der hiesigen Weinbauern angepaßte Plakat mit dem tollen Spruch: „Deutscher Wein statt Amifusel!“.
* Republikaner
Die Republikaner haben ein attraktives, blondes Mädel, das seine schöne Oberweite gut in Szene setzt, vorzuweisen. „Deutsch ist geil!“ steht darunter. Dadurch wird die leicht positive Aura sofort wieder ins Nichts aufgelöst.
Ein anderes Plakat verspricht „Islamisten raus!“. Deutlicher läßt sich „Ausländer raus!“ nicht umschreiben.
* SPD
Am meisten verdienten Drucker, Papierhersteller und Designer mit den Aufträgen aus den Reihen der SPD. Flächendeckend lachen einem ein rotnasiger Karnevalsclown und ein vollbärtiger Clown^wMinisterpräsident, der in der glücklichen Menge badet, entgegen.
Ja, Herr Beck kämpft mit allen Mitteln darum, seine zwölfjährige Amtszeit um weitere vier Jahre zu verlängern und ist sich keines noch so abgedroschenen Klischees zu schade.
Dabei hätte er sich wegen seines farblosen und in den eigenen Reihen nicht gut gelittenen CDU-Herausforderers Böhr garnicht solche Mühe machen müssen.
Die kommunalen SPD-Politikerinnen (Männer sah ich keine) bekamen auch noch viel Geld ab. Hunderte Male kann sich ein Autofahrer Gesichter von SPD-Damen anschauen, die heute gewählt werden wollen.
Eine davon (Doppel-Name leider entfallen) ist gar eine echte Augenweide, eine andere spielt mit ihrem Namen, sie heißt Marianne Grosse und hat sich große Plakate machen lassen, auf denen sie in voller Größe zu sehen ist, echt originell. Schockierend hingegen ist das Antlitz der Frau Ulla Brede-Hofmann. So ein harsches, maskulines Gesicht, da bekommt man echt Angst vor der SPD. Dabei sieht sie in natura garnicht so schlimm aus wie auf den Plakaten.
* ödp
Selten sieht man ein Kind in einen Apfel beißen. Dann hat man ein Plakat der ökologischen Partei vor sich.
* WASG
Noch seltener und erst seit der letzten Woche aktiv sind die Damen und Herren von Oscar Lafontaines Spalterverein WASG. Ich erinnere mich an zwei Plakate, in denen „Mindestlöhne statt 1-Euro-Jobs“ verlangt werden.
Naja, wie auch immer. Die einzig wichtige Zahl bei der heutigen Wahl wird für mich die Beteiligung sein, die das Desinteresse des Volkes an der abgehobenen Kaste der Politiker jedweder Couleur nur allzudeutlich wiederspiegelt.
Wenn wieder mehr als 3/4 des Volkes ihr echtes Wahlrecht ausüben und nicht am Wahltag ratlos Kreuze setzen und die Umfrageinstitute enttäsuchen, dann kann man langsam wieder von Demokratie von unten reden.
Abschließend noch ein Foto, welches zeigt, daß ich mich schlecht der Wahl verschließen konnte. Das im Bild sichtbare Dachgeschoß bewohne ich.
Wahllokal

 Posted by at 10:26 am

  One Response to “Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz”

 Leave a Reply

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

(required)

(required)