Mai 232008
 

Donnerstag, 03.08.2006 – Tromso
Nur 176 Seemeilen (326 Kilometer) brauchten wir bis zu unserem nächsten Ziel zurückzulegen. Bei 11 Grad und diesigem Wetter haben wir sechs Stunden Aufenthalt in der nordnorwegischen Stadt Tromso. Als erstes beeindruckt uns die gewaltige Brücke auf, die den Stadtkern mit dem Festland verbindet. Wir gehen von Bord und ich schlendere, diesmal alleine, durchs Stadtzentrum. Es ist eine junge Stadt, es geht international zu, man merkt, daß hier eine international geachtete Universität ist. Das die Stadt jung und voller Studenten ist beweist auch die Statistik, daß es in der Innenstadt 13.000 Sitzplätze in Kneipen, Bars und Cafes gibt.
Ich hole etwas Geld und kaufe eine Tageszeitung und ein paar alkoholfreie Getränke, die ich an Bord schaffe. Dann beginnt meine gebuchte Tour. Zuerst fährt unser Bus recht lange durch ein beeindruckendes Tunnelsystem auf die andere Stadtseite. Noch nie sah ich so großzügig angelegte unterirdische Straßen inklusive diverser Kreuzungen mit Ampeln, Parkplätzen usw. Der Reiseführer berichtete, daß es im Winter spannend ist, wenn man aus den Tunneln herauskommt und dort auf einmal gegen Nebel, Sturm und Eis ankämpfen muß.
Nach einer kurzen Stadttour halten wir am Polaria. Das ist ein naturkundliches Museum, welches sich der Fauna des Nordmeeres widmet. Ich bestaune monströse Krabben, seltsam aussehende Fische. Am besten gefallen mir natürlich, wie allen anderen Besuchern auch, die Seehundweibchen Aurora, Bella und Mai San, die in einem riesigen Behälter neben und über uns ihre Schwimmkünste zeigen. Anschließend schauen wir uns einen weiteren Panoramafilm über die Natur des Nordens, vor allem auf Spitzbergen, an.
Auf der Fahrt zur nördlichsten Kathedrale der Welt (ich hör dann auf mit den Superlativen) passieren wir die Mack-Brauerei, die die nördlichste Brauerei, ups.
Und natürlich war es ein Deutscher, der die segensreiche Erfindung des Gerstensaftes hierher brachte.
Wir überqueren die anfangs erwähnte Seebrücke und bestaunen die Eismeerkathedrale. Vor allem die Lichtspiele im Panoramafenster beeindrucken mich sehr.
Auf der Rückfahrt steht uns wieder eine kleine Überraschung bevor. Statt wieder über die Brücke zum Hafen überzusetzen, fahren wir nordwärts, um wenig später wiederum in einem, ewig langen Tunnel den Meeresarm zu unterqueren. Wir rasten in einem Wald- und Moorgebiet und haben Blick auf eine benachbarte Insel. Die Brücke dahin kostete 30 Millionen norwegische Kronen (knapp 4 Millionen Euro). Wie wurde sie finanziert? Nun, man stellte für 4 Jahre eine Mautstation auf und kassierte von jedem passierendem Auto eine Gebühr. Und als dann der Baubetrag beisammen war, wurden die Mauthäuschen abgebaut. Und das war nicht das erste Mal, daß unsere Reiseführer erwähnten, daß man in Norwegen Steuergelder nachweisbar für das Volkswohl ausgibt. Da kommt man ins Grübeln.
Wir führen weiter in Richtung Campus. Gegenüber der Uniklinik ist eine Riesenschanze zu sehen. So konnte man witzeln, daß übermütige Skiflieger gleich dort landen, wo sie hingehören. Tatsächlich kümmert man sich aber in der Uniklinik mehr um die Bereiche Lichttherapie (die Suizidrate in der mehrmonatigen Polarnacht ist hoch) und Fernbetreuung. Da das Land dünn besiedelt ist, gibt es in der Tat unbemannte Sprechzimmer, in denen ein Arzt per Telefon, Internet, Webcam usw. Erstdiagnosen vornimmt und im Zweifel dann selbst vorbeischaut oder den Patienten holen läßt.
Man sieht, wir hatten wieder riesiges Glück mit unserer Reisführerin, die in aller Kürze mit viel Charme und guten Informationen unsere Herzen eroberte.
An Bord zurückgekehrt, berichtete meine Mutter, die individuell unterwegs war, von einem Rentner, der, vor dem Polaria stehend, laut überlegte, ob er nicht den einen Kilometer zum Schiff zurückgehen solle, um seinen Rentnerausweis zu holen, da dann der Eintritt nur 75 Kronen statt 90 Kronen Eintritt kosten würde. Da war die Frage im Nordmeer nach einer aktuellen Tageszeitung ja schon richtig niveauvoll. Aber es sollte noch schlimmer kommen, doch dazu in einem späteren Bericht.
Mutter hat sich ein Minitäschchen aus Robbenfell geleistet und sich von einem fußballbegeisterten Lappen ein hölzernes Rentier aufschwatzen lassen.
Die Arielle läuft am Abend aus und fährt immer entlang der zerfurchten Küste gen Süden. Die nächsten tausend Kilometer liegen vor uns.
Zentrum
Belebte Straße in Tromso. Soviel Menschen hatten wir lange nicht auf einem Haufen gesehen.
Bibliothek
Hey, ich kann norwegisch. Dieses schöne Gebäude ist offensichtlich eine Bibliothek.
Eisbaer
Auch in Tromso wimmelt es von Eisbären.
Robbe
Aurora, eine der drei attraktiven Stars des Polaria.
Mack
Ludwig Mack aus Bremen gründete 1877 die nördlichste Brauerei der Welt.
Mack
Ein Wandteppich in der Kathedrale von Tromso.
Arielle
Schnappschuß von unserem Schiff während des Überquerens der Seebrücke.
Hurtigrouten
Die „Kong Harald“, ein Schiff der Hurtigrouten hat gerade abgelegt und fährt durch die Seebrücke. Im Hintergrund sieht man die Kathedrale. Tip: niemals Hurtigrouten fahren, der Alkohol dort ist prohibitiv teuer.

 Posted by at 10:37 am

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