… daß junge Menschen, vor allem Jungs, sich immer schlechter artikulieren können. Ich habe ab und zu mit jungen Leuten zu tun, seien es Verwandte, Kundenkinder, Nachbarschaft, Lehrlinge usw.
Im Gespräch muß ich immer häufiger feststellen, daß die jungen Menschen erhebliche Sprachdefizite aufweisen. Statt ganzer Sätze gibt es nur Phrasen, statt Subjekt – Prädikat – Objekt Gestammel, das mitleiderregend wirkt.
Vor wenigen Jahren noch fand ich Berichte meiner Mutter über dieses Phänomen übertrieben. Sie berichtete häufig von Vorstellungsgesprächen oder Bewerbungen für eine Ferienarbeit in etwa so:
Szenario im Büro der kfm. Geschäftsleitung
Die Tür wird einfach geöffnet und ein junger Mann(J) steht verlegen grinsend in der Tür.
Meine Mutter(M) schreckt von der Arbeit auf und wartet ein paar Sekunden. Keine Reaktion.
M: Ja bitte?
J: Wegen Arbeit.
M: Ja?
J: Na, wegen Arbeit.
M: Haben Sie auch einen Namen?
J: ?
M: (*seufz*) Also, Sie gehen noch einmal heraus und schließen die Tür. Dann klopfen Sie an, warten, bis ich „Herein!“ sage und betreten den Raum. Dann sagen Sie in etwa: „Guten Tag, ich heiße $NAME und ich wollte fragen, ob …“
Viele J verließen darauf den Raum – und warden nie mehr gesehen. Für diejenigen, die den Zweitversuch absolvierten, ergab sich dann meist eine Ferienarbeit. Und nach zwei Wochen unter 40 gestandenen Männern verließ dann ein selbstbewußter junger Mann das Unternehmen.
So wurde mir das immer erzählt. Ich lächelte und schenkte dem Ganzen wenig Glauben. Doch die Ereignisse in den letzten Tagen lassen mich deutlich anders darüber denken.
So bekam ich von einem Achtzehnjährigen (ich kenne ihn seit 2004) eine E-Mail, bei der ich nur mit detektivischen Verstand und guten Willen ahnen konnte, worum es geht. Auf eine spitz formulierte Anwort-E-Mail bekam ich keine Antwort. Im Telefongespräch stellte ich dann fest, daß der arme Junge im Dialog nicht wesentlich besser war. Vor wenigen Jahren noch war das nicht so, was ist da passiert? Oder gestern! Auch da telefonierte ich mit einem Teenager, dessen Notebook sich in den blauen Bildschirm verabschiedet hatte.
Auch hier bekam ich nur Fetzen um die Ohren gehauen. „Aja, is‘ kaputt.“, „Ei, Bild ist blau“, „tut nich mehr angehen“, „keine Ahnung, wieso kaputt ist“ usw.
Auch im Telefonat mit einem einundzwanzigjährigen Verwandten war ich regelrecht entsetzt über die Armut in der Begriffswahl und Abgedroschenheit weniger Phrasen. Denn zehnmal nacheinander: „Ja, das macht Sinn.“, „Ah, so ist das also““ oder „Ja, geil!“ hat mit Dialog nur wenig zu tun.
Wohlgemerkt, das sind keine Ausländerkinder (im Gegenteil, die, die ich kenne, sprechen überdurchschnittlich gutes Deutsch) oder Hilfsschüler sondern alles Realschüler oder Gymnasiasten.
Auf das Thema kam ich eigentlich durch eine Empfehlung von Florian, der mir Links zu drei Stunden Radionachttalkshow zukommen ließ.
Für Mutige hier noch einmal die beiden Links zum Nachhören:
Link 1
Link 2
Auch dort radebrechen die (ausschließlich= jungen Anrufer so schlecht, daß einem um die Zukunft des Landes noch mehr Angst wird als ohnehin. Und ich meine nicht die angeheitertenbesoffenen Anrufer. Nein, die jungen Männer, die bewußt live im Radio über das Thema „die Simpsons“ reden. Oder sich zumindest bemühen.
Wieso hat sich in den letzten Jahren die sprachliche Artikulationsfähigkeit so verschlechtert. Was lernen junge Menschen eigentlich noch in der Schule? Wer ist Schuld? Das Fernsehen mit seinen Musikvideos und täglichen Seifenopern? Das überarbeitete Elternhaus, das die Erziehung vernachlässigt? Die unter Migrationsquoten > 50% leidenden Schulen und deren überalterte und unterfinanzierte Lehrerschaft? Die amerikanische Umerziehung mit ihrer allgegenwärtigen Oberflächlichkeit. Ein Mix aus allem? Oder etwas anderes?
Ich weiß keine Antwort, aber ich wehre mich, so lange ich kann, gegen solche schlimmen Verödungen. Zumindest in der Verwandtschaft.