Freitag, 28.07.06 – Reykjavik und Blaue Lagune
Zeitig stehe ich auf und erblicke die rauhe Küste Islands. Gegen 8:00 Uhr macht das Schiff in der isländischen Hauptstadt Reykjavik fest. Nach einem geruhsamen Frühstück fahren wir mit einem Shuttlebus (übrigens eine prima Idee) die vier Kilometer ins Zentrum der isländischen Hauptstadt. Wir gehen die Haupteinkaufsstraßen ab, besuchen die wunderschöne Hallgrimskirche, kaufen fleißig, CDs, DVDs (Terminator I, Die Hard I-III), Wollsachen, Mützen und Mitbringsel ein und schwupps, ist der Vormittag auch schon vorbei. Für einen Mitteleuropäer ist Reykjavik enttäuschend, denn das Zentrum ist doch eher spartanisch und karg und erinnert eher an eine Kleinstadt in Deutschlands Osten denn an eine Hauptstadt. Dafür sind die Preise absolut hauptstadtwürdig. Reykjavik ist nach Tokio und Oslo eines der teuersten Pflaster der Welt. Beispiel: 2 Scheiben Melonen kosten umgerechnet 4,50 EUR. Dennoch werden, auch in Hinblick auf die weitere Reiseroute, Stricksachen gekauft. Und ich erstehe, wie schon in der Heimat beschlossen, eine CD von Björk (Gling Glo) und eine von Sigur Ros (Takk in der speziellen Edition). Ferner noch 20 isländische Schlager aus dem Jahr 1968. Die Beschenkte wird sich sicher bis heute gehütet haben, sich das anzuhören. Aber wir sind ja nicht nur wegen eines Stadtbummels nach Island gekommen. Deshalb geht es mit dem genialen Shuttle-Bus für 3,50 EUR zurück aufs Schiff und wir packen unsere Badesachen für unseren Ausflug zur blauen Lagune.
Hmm, ich kann die Aufschrift nicht verstehen, wir müssen in Island sein.
Die Arielle im Hafen von Reykjavik.
Die Hallgrimskirche in Reykjavik.
So schlicht kann ein Altar in einer Kirche aussehen. Überhaupt – Schlichtheit statt Pomp dominiert.
Direkt vor der Kirche steht das Denkmal Leif Erikssons, der ja 1001 als erster Europäer Amerika entdeckt hat (haben soll). Das Denkmal ist eine Spende der US-Amerikaner.
Was findet man in Auslagen? Norddeutsches Notgeld!
Entschuldigen Sie, führen sie zufällig Wollpullover oder andere Produkte aus dieser kratzenden isländischen Wolle?
Pünktlich 13:30 Uhr fährt unser Bus, bis auf den letzten Platz besetzt, los. Die Fahrt zur ca. 40 Kilometer entfernten Lagune ist unvergeßlich, führt sie doch durch die unwirkliche von Vulkanausbrüchen geprägte Landschaft Islands. Wenn man einen Science-Fiction-Film drehen möchte, dann ist Island an fast jeder beliebigen Stelle die erste Wahl. Fremder und unirdischer sah ich nirgends Landschaften. Ich bewundere den Elan, die Unverdrossenheit und den Mut und Ehrgeiz der Isländer, in dieser seltsamen Welt leben zu können. Diese kaum 300.00 Menschen beeindrucken mich stark. Wie alle Unbilden der Natur gemeistert werden, wie wertvoll der Einzelne ist, die tiefe Gläubigkeit und die Naturverbundenheit kann man überall beinahe mit Händen fassen.
Die blaue Lagune hat natürlich nichts mit dem Film zu tun, in dem die minderjährige Brooke Shields halbnackt weichgezeichnet durchs Bild geisterte.
Aber selten sah ich ein unwirklicheres Schwimmbad in einer unwirklicheren Landschaft. Das Wasser war von einem intensiven unwirklichen Blau. Eigentlich ist es ja Abwasser. Ein geothermisches Kraftwerk in der Nähe nutzt die Hitze des 250 Meter unter der Lagune liegenden Hotspot aus. Das stark mineralhaltige Abwasser wurde einfach in die bizarre Landschaft entlassen. Irgendwann entdeckten einige pfiffige Isländer, daß man darin prima baden kann. Heute ist die blaue Lagune ein international beliebtes Bad mit anerkannter Heil* und Linderungswirkung bei vielen Krankheiten, vor allem Neurodermitis. Das Wasser hat mindestens 35 Grad, aber in bestimmten Bereichen übersteigt es auch schon einmal die 40 Grad Celsius. Überall sind Nischen, in denen sich eine weißliche, talgartige Masse befindet, mit der man das Gesicht und den Körper bestreicht. So sehen die meisten Menschen in dieser unirdischen Umgebung auch noch aus wie Außerirdische. Wir Touris fühlen uns pudelwohl und genießen das Bad in vollen Zügen. Hier will ich ganz sicher noch mehrfach hin in meinem Leben. Unsere Reiseführerin Monika ist 1976 von Koblenz aus nach Island ausgewandert und schafft es auf der Rückfahrt, genauso wie auf der Hinfahrt und allerlei Interessanten vom Land zu vermitteln. Beeindruckend, wie man in diese wirre Landschaft überhaupt Straßen bauen konnte. Obwohl Hochsommer ist, entdecke ich nur spärliche Flechten und Moose, ansonsten ist alles leer und kahl. Manchmal zweigen Wege ins Niemandsland ab, die von hohen Holzstäben flankiert werden. Die Rückroute führt uns am internationalen Flughafen und der amerikanischen Flugbasis vorbei zurück durch Reykjavik zum Schiff.
Gegen 18:00 Uhr heißt es „Leinen los!“ und der Schlepper zerrt uns vorbei am Wohnsitz des Ministerpräsidenten aufs freie Wasser. Es gibt noch einen kurzen Zwischenstop, denn ein weiblicher Passagier hatte sich beim Einkaufen in der Zeit vertan und mußte nun zur Strafe und zur allgemeinen Belustigung, samt vier schwerer Einkaufstüten vom Hafenmeisterboot über die Strickleiter an Deck klettern.
Wir essen zu Abend, anschließend findet eine sehenswerte San-Francisco-Show statt und keine 326 Seemeilen (603 Kilometer) trennen uns nun von unserem zweitem Aufenthalt auf dieser einsamen Insel. Das Schiff ist spürbar leerer, denn rund 100 Mitreisende wählten eine Landtour durch Island mit Übernachtung. Wir werden sie am folgenden Tag wieder an Bord nehmen.
So sieht es vor der blauen Lagune aus.
Ein Blick aus dem Empfangsbereich in die blaue Lagune.
Vulkanische Landschaft auf dem Weg von der blauen Lagune nach Reykjavik.